Verkehr:Kommt die Pkw-Maut doch noch durch die Hintertür?

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München/Brüssel (dpa) - Für Millionen Autofahrer aus dem In- und Ausland war es noch einmal wie immer: Auf dem Weg in die Herbstferien 2016 war die Nutzung der deutschen Autobahnen gratis. Doch wie lange bleibt das noch so?

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München/Brüssel (dpa) - Für Millionen Autofahrer aus dem In- und Ausland war es noch einmal wie immer: Auf dem Weg in die Herbstferien 2016 war die Nutzung der deutschen Autobahnen gratis. Doch wie lange bleibt das noch so?

Die erst heiß diskutierte und dann tief in der Versenkung verschwundene Pkw-Maut ist plötzlich wieder da - zumindest auf der politischen Bühne. Im Windschatten eines heftigen Rechtsstreits mit der EU hat Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) dem Projekt neues Leben eingehaucht. Eine baldige Einigung scheint nun sehr wahrscheinlich. Auch in den Herbstferien 2017 dürften Autobahnfahrten aber vorerst kostenlos bleiben.

Was ist jetzt passiert?

Vor gerade einmal fünf Wochen standen die Zeichen noch auf Eskalation. Ende September verkündete die EU-Kommission, Deutschland vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zu verklagen. Denn Brüssel beharrte auf seinen Bedenken - und Berlin auf seinem Modell.

Beinahe unbeachtet blieb aber eine Hintertür. „Wir werden weiter in engem Kontakt mit den deutschen Behörden bleiben, damit eine einvernehmliche Lösung gefunden werden kann“, signalisierte die EU schon damals. Ziemlich im Verborgenen nahmen die Streitparteien den Gesprächsfaden auf, auch Dobrindt direkt mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. „Wir gehen aufeinander zu“, sagt der Deutsche nun. Gemeinsames Ziel: eine endgültige Einigung noch im November.

Wie sieht die Annäherung genau aus?

Knackpunkt ist der Vorwurf aus Brüssel, das deutsche Maut-Modell benachteilige EU-Ausländer. Dabei stößt sich die Kommission vor allem an einem zentralen Aspekt: So sollen sowohl In- als auch Ausländer Maut zahlen müssen, doch nur Inländer würden im Gegenzug bei der Kfz-Steuer entlastet - und zwar auf den Cent genau in Höhe der Maut.

Das wurde eingebaut, um die eiserne Vorgabe des Koalitionsvertrags von Union und SPD zu erfüllen, dass kein Inländer draufzahlen soll. Nun wird diskutiert, dass Besitzer besonders umweltfreundlicher Autos sogar etwas mehr Steuer-Entlastung bekommen könnten, als sie an Maut zahlen. Das könnte als Umweltförderung deklariert werden und damit ein Stück weiter von einer direkten Maut-Kompensation wegrücken.

Was bedeutet das für die Autofahrer konkret?

Dobrindt lässt keinen Zweifel daran, dass es bei der obersten Maxime bleibt: „Es gibt keine Mehrbelastung für inländische Autofahrer.“ Die stärkere „ökologische Komponente“ für umweltschonende Fahrzeuge soll also nicht zu einer höheren Mautbelastung für Dreckschleudern führen.

Als zweiten Punkt diskutieren Brüssel und Berlin, ob die geplanten Kurzzeit-Tarife für Fahrer aus dem Ausland billiger werden könnten - zum Beispiel die Zehn-Tages-Maut. Das dürfte die erhofften Einnahmen schmälern, für die bisher nach Abzug der Kosten 500 Millionen Euro anvisiert sind. Dobrindt erwartet weiter eine beträchtliche Summe.

Worauf müssen sich Autofahrer noch einstellen?

Kommt tatsächlich grünes Licht von der EU, würde die Klage überflüssig - und Dobrindt könnte seine „Infrastrukturabgabe“ aus dem Tiefkühlfach holen. Die übrigen Elemente sind zumindest bisher unverändert. So sollen alle inländischen Autobesitzer eine Jahres-Maut zahlen, die vom Konto abgebucht wird. Im Schnitt kostet sie 74 Euro, maximal 130 Euro. Benziner sind günstiger als Diesel.

Für Ausländer soll es neben der Jahres-Maut auch eine Zehn-Tages-Maut (bisher 10 Euro) und eine Zwei-Monats-Maut (22 Euro) geben. Inländer sollen für die Maut durch die geringere Kfz-Steuer entlastet werden. Statt an klassischen Klebe-Vignetten sollen Mautzahler über das Nummernschild zu erkennen sein. Geplant sind Stichproben-Kontrollen durch einen elektronischen Kennzeichen-Abgleich.

Wie geht es weiter?

Unvorhergesehene Änderungen der längst geltenden Gesetze müssten erneut durch den Bundestag. Der Koalitionspartner SPD signalisierte schon, dass einiger Klärungs- und Rechenbedarf besteht. „Das System darf nicht komplizierter werden“, sagt Fraktionsvize Sören Bartol. Änderungen dürften nicht zu Mehrbelastungen für deutsche Autofahrer führen. Ausreichend Einnahmen für die Straßen müssten übrig bleiben.

Und dann ist da noch die technische Umsetzung, die ausgeschrieben werden muss. Das kann Monate dauern. Dobrindt macht denn auch gleich deutlich, dass die Maut jedenfalls erst nach der Bundestagswahl im Herbst 2017 bei den Autofahrern ankommen kann.

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