Zuletzt hatte er wohl vergebens auf die Rettung gewartet. "Ich brauche ein Wunder", soll Kweku Adoboli auf Facebook geschrieben haben. Der 31-jährige Investmentbanker bei der Schweizer Bank UBS war zu diesem Zeitpunkt offenbar schon lange nicht mehr so entspannt wie auf dem Foto, das er im Internet von sich zeigte: ein Mann mit kurzgeschorenem Haar, modischem Bärtchen und lässig aufgestelltem Kragen auf einem Sofa.
Das Wunder kam aber nicht - dafür die Polizei: Halb vier Uhr nachts am Donnerstag war es, Adoboli saß wie so oft spät an seinem Schreibtisch im Londoner UBS-Büro, da nahmen ihn die Beamten fest. Zuvor hatten Anwälte und Manager der Bank Medienberichten zufolge auf ihn eingeredet, um herauszufinden, woher die gewaltigen Verluste stammen, die Adoboli verursacht haben soll.
Am Freitagnachmittag hat die Polizei der City of London Anklage gegen ihn erhoben. Ihm werde Betrug zum Nachteil der Bank in Höhe von 1,3 Milliarden britischen Pfund (rund 1,5 Milliarden Euro) vorgeworfen, teilte die Polizei mit. Nach Medienberichten soll Adoboli noch am Freitag vor Gericht erscheinen.
Am Mittwoch hatte die Großbank von dem Verlust erfahren und die Behörden informiert - laut BBC machte allerdings Adoboli selbst seinen Arbeitgeber auf die verlorenen Milliarden aufmerksam.
Adoboli konnte seinen riskanten Aktivitäten lange nachgehen, ohne dass der Schatten eines Verdachts auf ihn fiel. Die Festnahme ist voraussichtlich das Ende einer steilen Karriere. Mit 31 Jahren verdiente Adoboli mindestens 300.000 Pfund - nach Angaben des britischen Guardian gar eine Million jährlich.
Sein Lebenslauf ist beeindruckend: Adoboli ist der Sohn eines ehemaligen UN-Beamten aus Ghana, wo er auch geboren wurde. Die Familie lebt noch immer in der Heimatstadt Tena. Der junge Kweku ging auf eine Privatschule in Nordengland, machte 2003 einen Abschluss in Digitalwirtschaft und E-Commerce an der Universität von Nottingham, wo er sich laut Uni-Website auch in der Studentenvertretung engagierte. 2006 fing er als Investmentberater bei der UBS an.
Aufstrebend und beliebt
Schicke Kleidung, höflich, geschliffener englischer Akzent: Adoboli beeindruckte nach Schilderung von Bekannten mit seinem Auftreten. Als aufstrebend und beliebt beschreiben ihn Kollegen. Laut seinem Profil in einem Online-Netzwerk war er Chef der Abteilung Exchange Traded Funds, also für Börsenprodukte zuständig, die Aktienindizes wie den Dax abbilden.
Er lebte als Junggeselle in einer Wohnung im angesagten Ost-Londoner Stadtteil Shoreditch. Dort feierte Adoboli gerne Partys, engagierte einen DJ und lud jeden Monat 50 bis 100 Gäste ein. Als sich ein Nachbar über die laute Musik beschwerte, entschuldigte er sich im Stile eines Bankers: Er schickte eine Flasche Champagner.
"Es könnte sein, dass er einen Fehler gemacht oder etwas falsch beurteilt hat", sagte Adobolis Vater laut britischen Presseberichten zu den Anschuldigungen. "Ich habe unserer Familie beigebracht, gottesfürchtig und anständig zu sein."