Verbraucher:Verbraucherschützer wollen von Vergleichsportalen mehr Transparenz

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Findet der Nutzer auf Vergleichsportalen wirklich immer den besten Preis? (Foto: dpa-tmn)
  • Verbraucherschutzminister von Bund und Ländern fordern von Vergleichsportalen, ihre Provisionen und ihre Finanzierung offenzulegen.
  • Geht es nach ihnen, sollen die neuen Transparenz-Regeln europaweit gelten.
  • Die Portale wehren sich gegen die Regelung; sie wollen ihre Provisionen nur den Behörden gegenüber offenlegen, nicht aber gegenüber den Kunden.

Von Kristiana Ludwig, Benedikt Müller und Jan Schmidbauer

Das Leben im digitalen Zeitalter wäre sicher anstrengender, wenn es keine Vergleichsportale im Internet gäbe. Wer einen neuen Handy-Tarif sucht, müsste entweder darauf vertrauen, dass ihm der bisherige Anbieter von sich aus günstige Konditionen gewährt. Oder er müsste mühsam von Filiale zu Filiale spazieren, sich durch Werbung klicken oder das Kleingedruckte vergleichen. Auf Vergleichsportalen gewinnt der Kunde dagegen schnell einen Überblick. Egal ob bei Telefonverträgen, Flugreisen oder Gastarifen: Wer nicht digital vergleicht, verliert häufig Zeit oder Geld. Oder beides.

Vergleichsportale sind deshalb eine wertvolle Orientierungshilfe für die Kunden. Da sind sich auch die meisten Verbraucherschützer einig. Doch es gibt auch Zweifel an den Geschäftsmodellen der Plattformen: Können sich Nutzer wirklich darauf verlassen, dass Webseiten wie Check 24 oder Verivox die Produkte objektiv vergleichen? Schließlich zahlen etwa Versicherungen oder Stromanbieter Provisionen, wenn ein Vergleichsportal ihr Angebot an einen Kunden vermittelt. Außerdem schalten die Anbieter reichlich Werbung auf den Plattformen.

Portale sollen Provisionen und Finanzierung offenlegen

Die Verbraucherschutzminister von Bund und Ländern wollen die Portale nun strenger regulieren lassen. Auf einer Ministerkonferenz einigten sie sich auf einen gemeinsamen Beschluss, der auf Vorschlägen aus Hessen und Nordrhein-Westfalen beruht. Die wichtigste Forderung der Minister: Vergleichsportale sollen ihre Provisionen künftig offenlegen. Eine Maßnahme, gegen die sich die Portale bislang vehement wehren. Zudem sollen die Portale in Zukunft kenntlich machen, wie sie sich finanzieren und ob sie an anderen Vergleichsportalen beteiligt sind.

Die neuen Transparenz-Regeln sollen nicht nur in Deutschland gelten. Die Verbraucherschutzminister fordern die Bundesregierung sogar auf, sich bei der EU-Kommission für eine europäische Regelung einzusetzen. Die Anbieter sollen zunächst ein Jahr Zeit bekommen, sich zu "mehr Transparenz" und "höherer Qualität" zu verpflichten. Kommen die Portale dem jedoch nicht nach, soll der Bund schnellstmöglich ein Gesetz beschließen, so die Empfehlung der Verbraucherschutzminister.

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Portalbetreiber wehren sich gegen Vorwürfe

Bei den Betreibern der Vergleichsportale stößt die Initiative auf Unverständnis. Verivox, ein Anbieter, der insbesondere durch seinen Rechner für Strom- und Gastarife bekannt geworden ist, habe Teile seines Geschäfts ohnehin schon vom Bundeskartellamt prüfen lassen. Und die Behörde äußerte keine kartellrechtlichen Bedenken gegen Verivox.

Das Unternehmen hätte nach eigener Aussage kein Problem damit, seine Provisionen erneut offenzulegen. Allerdings nur gegenüber den Behörden und nicht gegenüber den Kunden. "Das wäre sonst eine Benachteiligung der Vergleichsportale", sagt eine Verivox-Sprecherin. Schließlich verrieten Versicherungsmakler oder Reisebüros auch nicht, wie viel Provision sie für einen Abschluss bekommen.

Die Portalbetreiber wehren sich ohnehin gegen den Vorwurf, die Provision verzerre ihre Ranglisten. Auch beim Verivox-Konkurrenten Check 24 hält man diese Vermutung für frei erfunden. "Provisionen haben bei Check 24 keinen Einfluss auf das Vergleichsergebnis", sagt Geschäftsführer Christoph Röttele.

Betreiber lassen Gutachten über Gutachten erstellen

Die Länderminister, die dieser Beteuerung wohl nicht glauben wollen, beziehen sich in ihrer Forderung auf eine jüngste Studie der Verbraucherzentralen. Die Portale werden darin als "nur bedingt hilfreich" bezeichnet. Beispielsweise, weil die Webseiten bei Strom- und Gasanbietern jeweils nur einen Teil des Marktes abdecken würden. Außerdem komme es häufig vor, dass verschiedene Vergleichsportale beim gleichen Test verschiedene Sieger kürten, so das Fazit der Studie.

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Die Betreiber der Vergleichsportale bezweifeln dagegen, dass die Studie der Marktwächter überhaupt fundiert ist. Verivox heuerte eigens einen Professor der Universität Passau an, der - man muss es so sagen - ein Gutachten über das Gutachten erstellte. Sein Fazit: Die Studie der Verbraucherschützer sei fehlerhaft und schwach argumentiert. Sämtliche Portale würden "in einen Topf geworfen und unter Generalverdacht gestellt". Welchen Nutzen die Plattformen den Verbrauchern bescheren, hätten die Marktwächter nicht gewürdigt. Dabei nutze ein Großteil der Verbraucherschützer selbst Webseiten wie Verivox, um Tarife miteinander zu vergleichen. Oder empfiehlt den Verbrauchern, sich auf solchen Plattformen zu informieren.

© SZ vom 23.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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