Krieg gegen die Ukraine:Wie Russland die Sanktionen umgeht

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Lastwagen stehen am internationalen Postzoll-Kontrollpunkt Tschernyschewskoje an der russisch-litauischen Grenze. (Foto: Uncredited/dpa)

Wegen der Sanktionen exportieren deutsche Firmen viele Waren nicht mehr nach Russland. Doch neue Zahlen legen nahe, dass diese über Umwege dennoch dort landen.

Von Markus Zydra, Frankfurt

Der Export deutscher Waren nach Russland ist seit Einführung der Wirtschaftssanktionen 2022 deutlich zurückgegangen. Im vergangenen Jahr betrug der Rückgang 38,8 Prozent auf 8,9 Milliarden Euro. Das ist für die betroffenen Unternehmen auf den ersten Blick sehr schmerzlich. Doch wie es aussieht, profitieren einige Firmen von einem plötzlichen Nachfragesog aus anderen Staaten, darunter Indien, Aserbaidschan, Armenien, die Vereinigte Arabische Republik, Kirgistan, Kasachstan, Georgien und die Türkei.

In diese acht Staaten exportierten deutsche Unternehmen im Laufe der letzten beiden Jahre in Euro genau das Warenvolumen, das sie gleichzeitig durch die Sanktionen gegen Russland verloren haben, wie das Datenanalysehaus Barkow Consulting in einer Untersuchung berechnet hat. "Man kann es zwar nicht beweisen, aber der Verdacht liegt nahe, dass hier über Bande gespielt wird, weil sich die Exportzahlen eins zu eins verschoben haben", sagt Geschäftsführer Peter Barkow. Der Zufall, der wohl keiner ist, will es, dass diese Länder Russland zumindest nicht feindselig gegenüberstehen, was folgenden Verdacht nahelege: "Die 'verdächtigen' acht Staaten importieren Waren aus Deutschland, die wegen der Sanktionen nicht mehr nach Russland geliefert werden dürfen, um sie dann an Russland weiterzuverkaufen."

(Foto: SZ-Grafik)

Es gilt schon lange als sicher, dass Russland die Sanktionen mithilfe von Drittstaaten umgeht. Doch das aktuelle Zahlenmaterial, so Barkow Consulting, belege erstmals, dass sich für den deutschen Exportsektor durch die Sanktionen gegen Russland in der Summe praktisch nichts verändert habe.

Das Ifo-Institut hat zuletzt in einer Studie festgestellt, dass Russland die Sanktionen bei westlichen Gütern vor allem über die GUS-Länder in Zentralasien sowie die Türkei umgeht. "Armenien, Kasachstan, Usbekistan, Kirgisistan und die Türkei haben im Jahr 2022 50-mal mehr Güter nach Russland exportiert, die kritisch für die russische Wirtschaft oder wichtig für die Militärindustrie sind, als sie 2019 an allgemeinen Gütern in alle Zielländer exportiert haben", sagte Feodora Teti, stellvertretende Leiterin des Ifo-Zentrums für Außenwirtschaft. Dies deute mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit auf Sanktionsumgehung hin. China sei für Russland das wichtigste alternative Herkunftsland für sanktionierte Produkte: 61 Prozent aller sanktionierten Produkte kämen aus China, dahinter folge die Türkei mit 13 Prozent. Experten der Denkfabrik Atlantic Council schreiben: "Die Volksrepublik China liefert zwar immer noch keine Waffen direkt an Russland, aber sie liefert Material und Ausrüstung, die dazu beitragen, Russlands Krieg und die Besetzung ukrainischen Territoriums zu unterstützen."

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