Übernahmekampf um Alstom:Frankreich spielt die europäische Karte

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Ein TGV und ein ICE stehen auf der Neuen Rheinbrücke in Kehl. (Foto: dpa)

Die französische Regierung will die Übernahme von Alstom durch General Electric unbedingt verhindern. Dabei geht sie ungeniert und brutal vor. Mangels Alternativen ruft Frankreich nun sogar die ungeliebten Deutschen zur Hilfe.

Ein Kommentar von Caspar Busse

Es sind wahrlich keine guten Zeiten für den französischen Nationalstolz. Dem Land geht es wirtschaftlich schlecht. Manche befürchten schon den Ausverkauf der französischen Wirtschaft, denn gleich mehrere Großunternehmen gehen ganz oder teilweise an ausländische Investoren. Der schwer angeschlagene Autobauer Peugeot zum Beispiel hat einen neuen Großaktionär aus China; niemand weiß, was der jetzt vor hat. Der französische Zementhersteller Lafarge will mit dem Schweizer Konkurrenten Holcim fusionieren und wandert in die Schweiz ab. Der französische Werbekonzern Publicis plant ein Zusammengehen mit dem Rivalen Omnicom; die neue Firma soll in den Niederlanden angesiedelt sein und Steuern in Großbritannien zahlen.

Und jetzt auch noch Alstom. Das Unternehmen stellt den Hochgeschwindigkeitszug TGV her, quasi ein französisches Heiligtum, aber vor allem auch Energieanlagen aller Art. Der US-Konzern General Electric (GE) zeigt großes Interesse an einer Übernahme. Doch die französische Regierung unter dem sozialistischen Präsidenten François Hollande will das verhindern und geht völlig ungeniert und brutal dazwischen.

"Die Regierung bringt ihre patriotische Besorgnis und Wachsamkeit zum Ausdruck", sagte Wirtschaftsminister Arnaud Montebourg. Das ist unverbrämte Industriepolitik - und eine Einmischung in wirtschaftliche Vorgänge, die in Zeiten globalisierter Märkte der Vergangenheit angehören sollte. Welche Strategie richtig und welche falsch ist, das muss in einer Markwirtschaft den Unternehmen weitgehend selbst überlassen sein; da hat die Politik nichts zu suchen.

In der Not wird jetzt sogar Siemens zu Hilfe gerufen

Gerade Frankreich ist in der Vergangenheit krachend damit gescheitert, sogenannte "nationale Champions" zu schaffen. Das traurige Ergebnis ist heute zu besichtigen: Es gibt kaum noch französische Konzerne, die weltweit überhaupt eine Rolle spielen. Aber daraus hat die Regierung in Paris nichts gelernt.

Statt sich öffentlich rauszuhalten oder nur dezent hinter den Kulissen zu assistieren, versucht Frankreich nun ganz offen, einen Einstieg der Amerikaner bei Alstom mit aller Macht zu verhindern - und das auch noch vor dem Hintergrund der laufenden Verhandlungen über ein transatlantisches Freihandels- und Investitionsabkommen.

Mangels nationaler Alternativen spielt Frankreich nun sogar die europäische Karte und ruft die ungeliebten Deutschen zu Hilfe. Die Regierung in Paris forderte Siemens dringend zu einem Gegenangebot auf - und Siemens-Chef Joe Kaeser signalisierte Bereitschaft zu Gesprächen.

Ein Zusammengehen von Siemens und Alstom könnte sogar sinnvoll sein, in der Energietechnik etwa oder im Geschäft mit Zügen, abgesehen davon, dass wichtige Technologien in Europa gehalten werden könnten. Aber das Ganze darf nicht unter der Regie der französischen Politik erfolgen. Ein gutes Beispiel, wie es gehen kann, gibt es immerhin: Beim Luft- und Raumfahrtkonzern Airbus wurde der politische Einfluss zuletzt deutlich reduziert.

© SZ vom 28.04.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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