Credit Suisse:Hat die UBS ein Schnäppchen gemacht - oder entsteht ein Monster?

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Vielen Schweizern ist nicht wohl bei dem Gedanken an die neue Riesen-Bank. (Foto: Fabrice Coffrini/AFP)

Glaubt man der Schweizer Bank, dann ist sie "stärker denn je", auch nach der Credit-Suisse-Übernahme. Doch vielen Schweizern macht die Konstellation eher Angst.

Von Meike Schreiber, Frankfurt

Glaubt man Sergio Ermotti, dem alten und neuen Chef der Schweizer Bank UBS, dann opfert sich das größte Geldhaus des Landes regelrecht auf bei der Übernahme des gestrauchelten Rivalen Credit Suisse. Es handele sich um eine Art "ultimative Widergutmachung" für die staatliche Rettung der UBS in der Finanzkrise. Damals hatte die Schweiz die UBS auffangen müssen. Heute sei die Bank "Teil der Lösung" und dies ein Zeichen der Stärke.

Ermotti, so viel ist klar, präsentierte sich am Montag als Retter, wollte anlässlich der Quartalszahlen der Bank vor allem Optimismus verbreiten. "Die UBS", so der Schweizer, den der Verwaltungsrat der Bank gerade erst an die Spitze zurückgeholt hatte, "ist stärker denn je". Seinem Vorgänger, dem Niederländer Ralph Hamers, hatte man die Übernahme nicht mehr zugetraut. Ermotti soll es jetzt richten.

Sergio Ermotti, Vorstandsvorsitzender der Schweizer Großbank UBS, soll früher schon mit der Übernahme geliebäugelt haben. (Foto: Stephan Rumpf)

Tatsächlich macht die Lösung, welche Schweizer Regierung und Aufseher an jenem Wochenende Ende März durchpeitschen mussten, vielen Schweizern eher Angst. Es entsteht eine Riesenbank, nach Bilanzsumme doppelt so groß wie das Bruttoinlandsprodukt des Landes. Eine Lösung, welche die Schweizer Finanzministerin trotz staatlicher Garantien und Liquiditätshilfen der Notenbank als "marktwirtschaftlich" zu verkaufen versuchte, weil man sich offenbar nicht getraut hatte, die Bank nach Plan abzuwickeln. "Ein Zombie ist weg, doch es entsteht ein Monster", schrieb die Schweizer Zeitung NZZ - erst kürzlich lehnte auch das Schweizer Parlament die Milliardengarantien dafür ab. Eine Schlappe für die Regierung, auch wenn dies wohl keine Folgen hat.

Doch könnte die UBS auch ein Schnäppchen gemacht haben: Nur drei Milliarden Franken zahlt sie für die Credit Suisse, bekommt dafür aber 54 Milliarden Franken Buchwert; inklusive 16 Milliarden aus Nachranganleihen der Credit Suisse, welche die Schweizer Regierung im Rahmen der Notrettung handstreichartig für die Credit Suisse vereinnahmt hat. Sollte das Eigenkapital tatsächlich so viel wert sein, wie in der Bilanz steht, klingt das nach einem guten Deal. Die Übernahme werde die UBS zudem auf dem internationalen Markt für Vermögensverwaltung weiter nach vorne bringen, sagte Ermotti, der früher schon mit der Übernahme geliebäugelt haben soll.

Die Opferbereitschaft der UBS hat Grenzen

Ein Selbstläufer wird die Sache wohl dennoch nicht. Das offenbarten die Quartalszahlen, welche die Credit Suisse am Montag noch eigenständig veröffentlicht hat. Weil die Übernahme wohl erst im Mai oder Juni abgeschlossen wird, berichten beide Banken noch getrennt über ihre Ergebnisse. Die Credit Suisse allerdings meldete für das erste Quartal Abflüsse von rund 61 Milliarden Franken - und auch, dass die Kunden selbst nach der Bekanntgabe der Übernahme weiter Gelder abzogen, bis einschließlich diese Woche Montag. Alle Geschäftsfelder entwickelten sich schlechter, selbst das Schweiz-Geschäft, was immer als Perle galt, schwächelte.

Und auch die UBS war im ersten Quartal wohl nicht ganz so stark. Auch wenn den Zahlen zufolge wohl rund ein Drittel der Gelder, die bei der Credit Suisse abgeflossen waren, bei der UBS landeten. Hätte es nicht mehr sein müssen? War man bereits abgelenkt von den Turbulenzen des Rivalen und ab Mitte März von der Übernahme? Jedenfalls knirschte es in fast allen Geschäftsbereichen: Abgesehen vom Schweiz-Geschäft sanken überall sonst die Erträge, die Kosten stiegen. Zugleich verursachte die Übernahme offenbar gleich in den ersten Tagen enorme 70 Millionen Euro Beraterkosten - ein Posten, der noch steigen dürfte. Der Gewinn schrumpfte auf umgerechnet 900 Millionen Schweizer Franken. Die UBS-Aktie gab am Dienstag erst deutlich nach, um sich dann wieder zu erholen.

Und dennoch betonte Ermotti mehrmals, wie vorteilhaft der Deal nicht nur für die Gesellschaft, sondern auch für die Aktionäre sei. Man solle auf die Fakten schauen, Emotionen außen vor lassen. Und man solle Geduld mitbringen mit Blick auf die künftige Strategie. Andererseits ging die Opferbereitschaft der UBS bei der Übernahme auch nicht so weit, auf eine Ausfallgarantie des Staates von neun Milliarden Franken für Risikopapiere der Abwicklungsbank der Credit-Suisse zu verzichten. Diese werden zwar erst fällig, wenn die Verluste fünf Milliarden übersteigen, aber dennoch war dies Teil der Verhandlungen. Ebenso wie die Enteignung der Nachranggläubiger der Credit Suisse, die 16 Milliarden Franken verloren haben. Viele von ihnen haben Klage eingereicht. Wer dafür einsteht, sollten sie recht bekommen? Der Staat, die UBS? Letztere wohl nicht, ließ Ermotti durchblicken. Man sei an der Entscheidung angeblich nicht beteiligt gewesen. Die Schweizer Steuerzahler müssen also weiter zittern.

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