Kosmetik:Ab sofort zu kaufen: The Body Shop

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Filiale in Brüssel: Weltweit betreibt die Naturkosmetik-Kette mehr als 3000 Läden. (Foto: Werner Lerooy/IMAGO)

Lange bevor Tierschutz in der Kosmetikindustrie überhaupt ernst genommen wurde, gab es bei The Body Shop schon nachhaltige Produkte. Nun steht die Firma zum Verkauf. Und mit ihr eine Idee, die einen weltweiten Boom ausgelöst hat.

Von Alexander Mühlauer, London

Als Anita Roddick ihren ersten Laden in Brighton an der englischen Südküste eröffnete, war sie ihrer Zeit voraus. 1976 begann sie damit, kleine Glasfläschchen zu verkaufen, die man immer wieder nachfüllen lassen konnte, und zwar mit Kosmetikprodukten, die aus natürlichen Stoffen und ganz ohne Tierversuche hergestellt wurden. Das war nicht nur nachhaltig, es war damals vor allem: neu. "The Body Shop" nannte Roddick ihren Laden. Es war der Anfang einer Erfolgsgeschichte, in der nun ein neues Kapitel beginnt.

The Body Shop steht zum Verkauf. Und damit mehr als 3000 Filialen weltweit. Seit 2017 gehört die auf Naturkosmetik spezialisierte Firma zum brasilianischen Konzern Natura. In den vergangenen Jahren ist das Kosmetikunternehmen aus São Paulo gewaltig gewachsen. Doch das hatte seinen Preis. Sechs Quartale in Folge schrieb Natura Verluste, kein Wunder also, dass der Konzern wieder profitabel werden will. The Body Shop wäre jedenfalls nicht die erste Tochterfirma, die verkauft wird.

Bereits im Frühjahr ist Natura die für ihre Körperpflegeprodukte bekannte Firma Aesop losgeworden, an den französischen Konzern L'Oréal. Der weltweit größte Kosmetikhersteller, zu dem Marken wie Lancôme oder Yves Saint Laurent gehören, setzt mit der Übernahme von Aesop weiter auf das sogenannte Luxuspflegegeschäft. Ganz einfach deshalb, weil sich mit diesen Produkten eine ziemlich gute Marge erzielen lässt.

Im Fall von The Body Shop dürfte L'Oréal Analysten zufolge aber kein Interesse haben. Dem französischen Konzern hatte die Firma nämlich schon einmal gehört, ehe sie 2017 für etwa eine Milliarde Euro an Natura verkauft worden war. Analysten schätzen den Wert von The Body Shop mittlerweile auf gut die Hälfte. Der Grund für den Wertverlust in den vergangenen Jahren ist vor allem die Tatsache, dass die vor mehr als 45 Jahren gegründete Naturkosmetikfirma das verloren hat, was man im Marketingsprech USP nennt. Der Unique Selling Point ist der Mehrwert eines Produkts, mit dem es sich von der Konkurrenz abhebt, im besten Fall gibt es ein Alleinstellungsmerkmal.

Genau das hatte The Body Shop. Lange bevor Tier- und Umweltschutz in der Kosmetikindustrie ernst genommen wurden, verkaufte das Unternehmen das, was heute eigentlich alle wollen: nachhaltig und ethisch korrekt hergestellte Produkte. Hinzu kam mit Anita Roddick eine Gründerin, die mit ihren Kampagnen weltweit Aufsehen erregte. Da war zum Beispiel "Save the Whale", eine Kampagne zur Rettung der Wale, die sie in den Achtzigern gemeinsam mit Greenpeace startete. Damals kämpfte Roddick dafür, Jojobaöl als Ersatz für das damals in der Kosmetikindustrie weit verbreitete Pottwalöl einzusetzen.

Im Rückblick lässt sich sagen: Die Strategie von Roddick ging voll auf. Und ihre Botschaft kam an: Als Kundin und Kunde von The Body Shop kauft man eben nicht irgendeine Gesichtscreme, sondern eine, die auch das eigene ökologische Gewissen beruhigen kann, sofern man eines hat. Die Sache ist nur: Für viele funktioniert das mittlerweile auch bei dm oder Rossmann ganz gut.

In ihrer Heimat Großbritannien wurde Roddick 2003 für ihre Verdienste der Titel Dame Commander of the Order of the British Empire verliehen. Im Jahr zuvor hatten sie und ihr Mann die Posten als Co-Chefs von The Body Shop abgegeben. Ganz loslassen konnte Roddick allerdings nicht, sie blieb der Firma als Beraterin verbunden. Als sie sich 2006 entschied, The Body Shop an L'Oréal zu verkaufen, musste sie einiges an Kritik einstecken. Ausgerechnet sie, die stets die Profitgier anderer gegeißelt hatte, reichte ihr Unternehmen an den größten Kosmetikkonzern der Welt weiter. Ein Jahr darauf starb Roddick. Ihre Geschäftsidee, die lebt weiter.

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