Banken:Wie Fintechs die Bankenbranche aufmischen

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Christian Hecker, Mitgründer von Trade Republic. (Foto: Friedrich Bungert)

Klassische Banken sind oft sehr schwerfällig. Auch deswegen spielen Finanz-Start-ups längst auf Augenhöhe mit. Und wollen in weitere Geschäftsfelder vordringen.

Von Meike Schreiber, Frankfurt

Erst neulich waren Christian Hecker bei einem Umzug alte Bankunterlagen in die Hände gefallen. Die örtliche Volksbank hatte ihm "vor Jahren" für 3000 Euro sogenannte Discount-Zertifikate verkauft, also Papiere, die bei bestimmen Entwicklungen an den Märkten wertlos sein können. "In der Euro-Krise war das Geld dann weg", erzählt der Mitgründer der Trading-Plattform Trade Republic auf dem SZ-Wirtschaftsgipfel. Niemand habe ihn damals wirklich über die Risiken und auch die Kosten des Produkts aufgeklärt. "Diese Form der Finanzberatung, die braucht wirklich niemand mehr", sagt Hecker.

Die Anleger wollten heute einfache und günstige Produkte, zum Beispiel Sparpläne auf Exchange Trade Funds (ETF), also Fonds, die lediglich einen Börsenindex nachbilden. "Die Kunden möchten heute verstehen, wie sie ihr Geld anlegen, und das geht am besten mit eindimensionalen Produkten", sagt Hecker, dessen Plattform Trade Republic nicht nur Sparpläne anbietet, sondern auch einen relativ unkomplizierten Zugang zum Kapitalmarkt.

Auch Karolina Decker, Mitgründerin des Fintech Finmarie, möchte die Finanzberatung verändern, allerdings vor allem mit Blick auf die Bedürfnisse von Frauen. Finmarie - gegründet 2017 - bietet Finanzcoaching, finanzielle Bildung und Investitionslösungen an, um Frauen zu helfen, mehr Vertrauen in ihre Finanzentscheidungen zu gewinnen. "Die Frauen wollen die Produkte wirklich verstehen", sagt Decker, die selbst viele Jahre im klassischen Bankgeschäft tätig war. Viele Banken und Sparkassen hätten es verpasst, ihr Produkte gut zu erklären. In diese Lücke stoße Finmarie, allerdings weniger in Konkurrenz, sondern eher in Kooperation zu den klassischen Banken. Dass Frauen eine interessante Zielgruppe für die Geldanlage sind, hat sich mittlerweile rumgesprochen. Zuletzt sind eine ganze Reihe von Fintechs mit Fokus auf Frauen gegründet worden.

Ohnehin sind Fintechs, also Finanz-Start-ups, längst etablierte Spieler auf dem Bankenmarkt. "Wer die großen und wer die kleinen sind, das wird gerade völlig neu definiert", sagt Markus Pertlwieser, bis vor kurzem Digitalchef der Deutschen Bank und seit Jahresanfang Vorstandschef der Banking-App Penta, die auf Bank-Dienstleistungen für Start-ups und sonstige Kleinbetriebe spezialisiert ist. "In fünf bis zehn Jahren wird gar kein Unterschied mehr gemacht zwischen Fintechs und Banken", sagt Pertlwieser. Das zeige zum Beispiel die Bewertungen der jungen Firmen, die zuletzt angesichts des großen Investoreninteresses immer weitere Höchststände erreicht haben.

Zwölf Aktenordner für den Antrag einer Banklizenz

Tatsächlich hat zum Beispiel die Smartphone-Bank N26, trotz heftiger Auseinandersetzungen mit der Finanzaufsicht Bafin wegen schwacher Anti-Geldwäsche-Prävention, gerade weitere 700 Millionen Euro von Investoren erhalten, womit sie nun mit enormen 7,8 Milliarden Euro bewertet ist. ­Damit ist N26 vor der Handelsplattform Trade Republic (4,4 Milliarden Euro) das wertvollste deutsche Fintech und fast so viel wert wie die Commerzbank.

Auch die Besetzung des Podiums auf dem Wirtschaftsgipfel zeige, dass digitale Geschäftsmodelle für Kapitalmarktprodukte, für das Banking von Frauen und von Geschäftskunden keine vorübergehenden Phänomene seien. "Vor wenigen Jahren wäre dieses Podium mit Sicherheit von den Repräsentanten etablierter Bankhäuser dominiert worden", sagt Pertlwieser.

Der Siegeszug digitaler Geschäftsmodelle im Privatkundensegment sei außerdem Vorbote für das, was im Bankgeschäft mit Firmen- und Geschäftskunden noch folgen werde. Auch dieses Geschäftsfeld würden Neo-Banken in Kürze revolutionieren. Neo-Banken wie Penta stießen in eine "Betreuungslücke", die bei den klassischen Anbietern seit Langem klaffe.

Ohnehin waren sich alle vor allem in einem Punkt einig: Klassische Banken sind einfach oft zu behäbig und kompliziert in ihren Entscheidungswegen und internen Abläufen. Wer Banken von Innen kenne, dem fehle irgendwann die Fantasie, wie diese neue Produkte wirklich "skalieren wollen", so Hecker. Trade Republic habe sich daher irgendwann für den "radikalen Neustart" und eine eigene Banklizenz entschieden. Kein ganz einfacher Antrag und ganz bestimmt noch kein papierloser: Allein zwölf Aktenordner habe die Sache gefüllt. Ob er es noch mal machen würde? Eher nicht.

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