Suchmaschinen-Chef:Dieser Mann ist jetzt für Googles Kronjuwelen verantwortlich

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Der Schotte John Giannandrea wird neuer Suchmaschinen-Chef bei Google. (Foto: Weinberg-Clark Photography/dpa)

Ein schottischer KI-Experte wird Chef von Googles Suchmaschine. Dabei hält er Computer eigentlich für "ziemlich dumm, etwa wie ein vierjähriges Kind."

Von Helmut Martin-Jung

Es ist längst zur Gewohnheit geworden: Man tippt etwas ein in einen kleinen Kasten auf einer Webseite, vertippt sich vielleicht sogar dabei. Und trotzdem liefern Googles Rechner in Sekundenbruchteilen nicht bloß irgendwelche Seiten, auf denen der gesuchte Begriff in irgendeinem Zusammenhang vorkommt. Immer häufiger werden bereits Informationen etwa zu der Person angezeigt, nach der gesucht wurde. Gerade so, als hätte der Computer mitgedacht.

Hat er auch. 2012 begann Google damit, solche Zusatzinformationen einzublenden. Es war das erste Mal, dass sich die Arbeit von John Giannandrea im populärsten Produkt des Internetkonzerns niederschlug. Noch während die Nutzer tippen, versuchen ganze Batterien von Computern bereits herauszufinden, was gemeint sein könnte. Doch das ist erst der Anfang. Denn der gebürtige Schotte, bisher Leiter der Forschung an künstlicher Intelligenz (KI) bei Google, ist nun auch Herr über die Suchmaschine. Die Personalie zeigt, wie wichtig KI dem Konzern geworden ist.

Bei Apple krachend gescheitert

Giannandrea, 50, befasst sich schon sein gesamtes Berufsleben damit, Computer schlauer zu machen. Bereits Anfang der 1990er-Jahre, noch vor dem Siegeszug des World Wide Web, arbeitete er bei einer Apple-Tochter mit dem fantastischen Namen General Magic an einem Gerät, das als persönlicher Assistent dienen sollte. Es wurde zu einem von Apples krachend gescheiterten Vorhaben.

Giannandrea zog weiter zu Netscape, das damals den ersten massentauglichen Internet-Browser herausbrachte. Aber die Idee ließ ihn nicht los, dass Computer wenigstens ein bisschen so funktionieren würden wie die in der Science-Fiction-Serie "Star Trek". Er gründete die Firma TellMe, die mit Spracherkennung am Telefon automatisch Sportergebnisse oder Börsenkurse vorlas. Doch dann wurde ihm klar, dass es nicht nur darauf ankam, wie Worte zueinander in Beziehung stehen, sondern auch Objekte. Wie hängt das eine mit dem anderen zusammen? Das sollen Computer herausfinden, um dann selbständig Entscheidungen treffen zu können.

Das ultimative Ziel ist die denkende Maschine

Heute arbeiten bei Google und dessen Mutterkonzern Alphabet etwa 1000 Menschen in gut 100 Teams an KI-Projekten. Wie kann ein selbstfahrendes Auto einen Fußgänger von einer Statue am Wegesrand unterscheiden? Was meint ein Nutzer, wenn er via Spracherkennung etwas sucht? Und was bedeutet das Gekritzel, das jemand Handschrift nennt? "Wir wollen verstehen, wie die Menschen ein Wort schreiben", erzählte Giannandrea vor einigen Monaten einem US-Reporter. "In solche Dinge investieren wir ohne Ende."

Das ultimative Ziel ist die denkende Maschine, das Gehirn, mit dem die Menschen nicht geboren wurden. KI soll nach und nach alle Produkte von Google durchdringen. Der Weg dahin könnte aber noch weit sein. "Computer sind ziemlich dumm", sagt Giannandrea, "etwa wie ein vierjähriges Kind."

© SZ vom 05.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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