Steueroasen:Was Schäubles Maßnahmen gegen Steuerflucht wirklich bringen

Steueroasen: Von Steueroasen wie den Jungferninseln profitiert auch Großbritannien

Von Steueroasen wie den Jungferninseln profitiert auch Großbritannien

(Foto: Todd VanSickle/AP)

Die Konzepte aus Berlin und Brüssel gegen Steuerflucht sind gut gemeint, würden aber allenfalls einen Teil des Problems lösen.

Von Cerstin Gammelin und Alexander Mühlauer

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble ist in einer wenig komfortablen Lage. Der CDU-Politiker hat gerade einen Aktionsplan vorgelegt, mit dem er Steuerflucht und Geldwäsche bekämpfen will. Oder, genau genommen, bekämpfen muss, jetzt, da die Enthüllungen über die Panama Papers zeigen, wie viel Geld in Briefkastenfirmen weltweit versteckt wird. Schäuble muss dagegen vorgehen - die Frage ist nur: wie hart?

Denn der Minister befindet sich in einem Interessenkonflikt. Er muss gegen etwas arbeiten, von dem er durchaus auch profitiert. Mindestens 100 Milliarden Euro Schwarzgeld strömen jährlich nach Deutschland, nach Großbritannien sind es sogar 150 Milliarden Euro. Der Hallenser Professor für Strafrecht und Kriminologie, Kai Bussmann, hat diese Zahlen kürzlich im Auftrag Schäubles ermittelt.

Der jetzt vorgelegte Aktionsplan spiegele diesen Interessenkonflikt klar wider, sagt Bussmann. Die Vorschläge aus dem Finanzministerium seien "sinnvoll, aber unkonkret und erstaunlich altbacken". Wer wie Schäuble darauf poche, alles international zu lösen, "schiebt die Lösung in Wirklichkeit auf die lange Bank". Auch die EU-Kommission in Brüssel reagiert. Am Dienstag wird sie einen Vorschlag zur Bekämpfung von Steuerflucht großer Unternehmen vorstellen. Was ist von den Plänen aus Berlin und Brüssel zu halten? Das Wichtigste im Überblick:

Können Schäubles Pläne tatsächlich gegen Steuerflucht, Geldwäsche und Briefkastenfirmen helfen?

Schäubles Plan wäre in einer idealen, von nationalen Egoismen freien Welt tatsächlich geeignet, Steuerflucht und Geldwäsche nahezu unmöglich zu machen. Das wäre der Fall, wenn sich alle Staaten weltweit am automatischen Informationsaustausch beteiligen würden, wenn sie also alle Eigentümer und wirtschaftlichen Nutznießer von Firmenkonstrukten, Stiftungen und ähnlichem nach einheitlichen Standards registrieren - und sie diese Register weltweit vernetzen würden. In der Realität ist es allerdings so, dass diese Bedingungen von den meisten Ländern noch nicht einmal national praktiziert werden. Auch nicht von Deutschland.

Was spart Schäuble aus?

Schäuble verzichtet auf kurzfristig umsetzbare Vorschläge, mit denen Druck auf die Offshore-Wirtschaft und auf Regierungen von Steueroasen gemacht werden kann, damit sie ihre Geschäftsmodelle aufgeben. Deutschland könnte etwa eine eigene schwarze Liste mit allen Steueroasen aufstellen und veröffentlichen. Oder Sanktionen beschließen. Es sei schon erstaunlich, sagt Strafrechtsprofessor Bussmann, "dass gegen Nordkorea oder Iran sehr schnell Sanktionen verhängt werden können, gegen Steueroasen dagegen nie".

Warum passiert das nicht?

Auch hier lauert der Interessenkonflikt. Schäuble müsste womöglich Großbritannien auf die Liste setzen lassen, denn zum Besitz der britischen Krone gehören auch die als Steueroasen bekannten Kanalinseln, ganz abgesehen von den Britischen Jungferninseln. "Großbritannien lebt davon wie die Made im Speck", sagt Bussmann.

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