Bisher hat sich Julian Treidler vor allem damit beschäftigt, Dinge von A nach B zu verschieben. Nach seinem Wirtschaftsstudium kam der Hamburger nach Berlin und arbeitete zunächst beim Umzugs-Start-up Movinga. Dann gründete er 2016 selbst: Relocately, ein Unternehmen, das Umzüge weltweit organisiert und nach seinem Verkauf Anfang 2020 abgewickelt wurde.
Nun startet der 30-Jährige einen neuen Versuch, bei dem es darum geht, Dinge langfristig und sicher aufzubewahren. Denn wer in Deutschland ein Wertschließfach mieten möchte, hat ein Problem. In vielen Banken sind die Fächer langfristig vergeben, die Wartelisten voll, und die Zahl der Filialstandorte sinkt dauerhaft. Diese Lücke möchte Treidlers Start-up namens Trisor füllen.
In Schließfächern werden nicht nur Geld, Gold und Schmuck aufbewahrt, sondern auch wichtige Dokumente, Urkunden oder Reisepässe. Und dabei geht es nicht nur um den Schutz vor Einbrechern, sondern auch vor einem Wohnungsbrand oder einem Wasserschaden. Bankkunden haben aber meist nur dann Zugriff auf ihr Schließfach, wenn auch die Filiale geöffnet hat. "Wir haben überlegt, wie man die Sicherheit einer Bank mit einem Rund-um-die-Uhr-Zugang kombinieren könnte", so Treidler, der vor seinem Studium eine Banklehre gemacht hat.
Die Idee stamme von einem befreundeten Unternehmer. Jener habe sich 2019 Gold gekauft und bei Banken in Berlin angefragt, um ein Schließfach zu mieten - erfolglos. Aus dem Problem wurde ein Geschäftsmodell; herausgekommen ist die erste Tresoranlage des Start-ups in Berlin-Tiergarten. Kunden mieten eines der 5062 Fächer für eine monatliche Rate, das kleinste Fach kostet 27,90 Euro. Hinzu kommt eine einmalige Registrierungsgebühr von 59 Euro, enthalten ist eine Grundversicherung bis zu 5000 Euro pro Fach. Wer eine größere Summe absichern will, kann eine Zusatzversicherung abschließen, so ist das auch oft bei Bank-Schließfächern.
Der Betrieb startet im Mai, weitere Standorte sind geplant
Die Anlage selbst arbeitet mit einer Robotik. Die Kunden legitimieren sich per Zugangskarte, Pin und Fingerabdruck, dann bringt ihnen der Roboter ihre Kassette. Falls es Probleme gibt, ist rund um die Uhr ein Wachschutz im Gebäude, auch Rezeptionskräfte unterstützen. Alarme laufen direkt bei der örtlichen Polizei auf. Der Unterschied zur Bank: "Als Kunde agiert man immer nur mit dem Schließfach, steht nie vor einer Fächerwand in einem Tresorraum."
Auch wenn Interessierte sich schon registrieren können, wirklich in Betrieb geht Trisor erst im Mai. Inwieweit das Geschäftsmodell skaliert, hängt auch davon ab, ob das Start-up geeignete weitere Standorte findet. Die Gründer suchen nach Flächen im Erdgeschoss, im Keller müssten Strahlträger verbaut werden: "Unser Tresor wiegt so viel wie 80 VW Golf. Das ist statisch eine Herausforderung." Rund eine Million Euro kostet die Anlage, für den Ausbau kommt eine halbe Million hinzu. Zudem muss es sicherheitstechnisch passen: Kann gegenüber jemand sitzen und Kunden ausspionieren? Sind genügend Parkplätze in der Nähe? "Wir schauen uns 200 Standorte an, um einen zu finden", sagt Treidler. Dabei lässt sich das Team von einem Beirat helfen, der sich aus einem ehemaligen Polizeipräsidenten, einem Architekten und einem ehemaligen Bankenvorstand zusammensetzt.
Die nächsten Ziele sind München und Hamburg. Ende 2024 möchte Trisor 100 000 Fächer bundesweit anbieten. Und sich als Partner der Banken präsentieren: Physische Aufbewahrung sei für die Institute ein Randgeschäft, so Treidler, das könne ihnen das Start-up abnehmen. Rechtlich gelten für das junge Unternehmen die gleichen Regeln wie für Banken, etwa nach dem Geldwäschegesetz.
Finanziert wird Trisor von einem Hamburger Family Office. Das Start-up hat rund drei Millionen Euro an Kapital, gut die Hälfte geht in die Anlage selbst, mit dem Rest baut das zehn Mitarbeiter starke Team das Unternehmen an sich auf. Der Ideengeber gehört zum Kreis der Gesellschafter.