Starkregen:Zu wenig Schutz

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Heftige Regenfälle können großen Schaden anrichten. Experten empfehlen daher, weniger Flächen zu versiegeln und genau zu schauen, in welchen Gebieten gebaut werden soll. (Foto: imago/Gottfried Czepluch)

Extreme Wetterereignisse nehmen auch hierzulande zu, doch viele Kommunen sind nur schlecht darauf vorbereitet.

Von Ingrid Weidner

Nachrichten von unterspülten Straßen, überfluteten Kellern und Überschwemmungen bleiben nur noch selten in Erinnerung, denn extreme Wetterereignisse kommen mittlerweile oft vor. Im Mai folgten beispielsweise in Hamburg auf sommerliche Temperaturen heftige Unwetter, teilweise gingen 100 Liter Regenwasser pro Quadratmeter nieder. Wenn das Wasser weder versickern noch kontrolliert ablaufen kann, bahnt es sich einen eigenen Weg und richtet oft große Schäden an. Starkregen kann jede Region treffen, zuverlässige Prognosen sind schwierig. Im vergangenen Herbst veröffentlichte die Umweltschutzorganisation Germanwatch eine Studie, nach der extreme Wetterereignisse wie Stürme, Hitzewellen und Überschwemmungen auch in Mitteleuropa zunehmen. Nach deren Recherchen rückt die Bundesrepublik auf dem Klima-Risiko-Index vom 64. auf den 42. Platz vor.

Trotzdem bereiten sich hierzulande nur wenige Städte und Gemeinden auf diese Veränderungen vor, wie Wolfgang Günthert feststellt. Der Professor am Institut für Wasserwesen der Universität der Bundeswehr in München hatte in einer ersten Studie im Jahr 2016 die Risiken von urbanen Sturzfluten untersucht, jetzt legte der Ingenieur eine neue Untersuchung vor; in Auftrag gegeben hatte die aktuelle Studie der Bundesverband Deutscher Baustoff-Fachhandel (BDB) in Berlin.

Ein Grund für die Gefährdung von Städten durch Sturzfluten ist neben dem Klimawandel auch die stark zunehmende Versiegelung von Flächen. Zwar verpflichtete sich die Bundesregierung, den Flächenverbrauch bis 2020 auf 30 Hektar pro Tag zu reduzieren, doch dieses Ziel gilt als unerreichbar. Der tatsächliche Verbrauch liegt nach Schätzungen bei etwa 100 Hektar pro Tag, die durch Siedlungen, Straßen oder Infrastruktur unter einer Betondecke verschwinden.

Kommt es zu einer Sturzflut, kann die Kanalisation selten die großen Wassermassen aufnehmen, es entstehen häufig Sachschäden an Immobilien, auch Menschen sind durch den Starkregen gefährdet. Während einige betroffene Kommunen in Deutschland Vorsorge gegen Hochwasser ergreifen, unterschätzen viele Gemeinden das Risiko von Starkregen, so die Einschätzung von Günthert. Doch anders als beim Hochwasser gebe es hier keine tagelange Vorwarnung. "Die Flut kommt quasi von oben, ohne Deich, ohne Schutz", sagt Günthert.

Weniger Flächen versiegeln und in Bebauungsplänen darauf achten, dass keine Feuchtgebiete oder Überlaufflächen für Bäche als neue Siedlungsflächen ausgewiesen werden, zählen zu den Empfehlungen des Experten. Auch die Dachbegrünung nennt Günthert als wichtige Vorsorgemaßnahme in Städten. Außerdem fordert er die Kommunen auf, sich mit dem Risiko-Management zu beschäftigen und Gefahrenkarten zu erstellen, die zeigen, welche Gebäude oder Straßenzüge und damit auch Menschen während einer Sturzflut besonders betroffen sind.

Um später Ansprüche gegenüber Versicherungen geltend zu machen, empfiehlt der Studienautor den Gemeinden eine eigene Niederschlagsmessung. Denn zum Teil sind größere Regenmengen nur auf vergleichsweise kleine Gebiete begrenzt. Vielerorts wird der Niederschlag aber nicht so genau erfasst.

Die Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e.V. (DWA) hat kostenpflichtige Informationsmaterialien und Faltblätter zusammengestellt, auch dort können sich Kommunen informieren. Doch auch Günthert räumt ein, dass es keinen umfassenden Schutz vor allen Unwägbarkeiten durch Starkregen geben könne, es bleibe ein Restrisiko.

© SZ vom 25.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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