Berlin/Hannover (dpa/lni) - Bei den meisten Kindern und Jugendlichen aus Bürgergeld-Familien kommt neuen Berechnungen zufolge nichts vom sogenannten Bildungs- und Teilhabepaket an. In Niedersachsen bekämen gerade einmal 16,3 Prozent dieser Kinder zwischen 6 und 14 Jahren diese Leistung, in Bremen 12,2 Prozent, wie eine am Freitag veröffentlichte Untersuchung des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes zeigt, die auf Daten der Bundesagentur für Arbeit basiert. Damit lag Niedersachsen auf dem vierten Platz unter den Bundesländern, hinter Schleswig-Holstein (58,1 Prozent), Mecklenburg-Vorpommern (38,1 Prozent) und Nordrhein-Westfalen (22,8 Prozent).
Im Bundesdurchschnitt bekamen der Untersuchung zufolge knapp 18 Prozent der Kinder der betreffenden Altersgruppe die Leistung. „Das Bildungs- und Teilhabepaket ist offenbar so gut verpackt und verschnürt, dass kaum einer es öffnen kann. Sein Ziel, Kindern und Jugendlichen aus einkommensarmen Familien die Teilnahme an Sport, Bildung oder Kultur zu ermöglichen, verfehlt es seit über einem Jahrzehnt meilenweit“, sagte Hauptgeschäftsführer Ulrich Schneider. Der Verband sehe das Bildungs- und Teilhabepaket als grundsätzlich gescheitert an.
Schneider machte sich stattdessen für die im Koalitionsvertrag versprochene Kindergrundsicherung und ihre zügige Einführung nebst ausreichender Finanzierung im Bundeshaushalt stark. Die Kindergrundsicherung gilt als das sozialpolitische Herzensprojekt der Ampel-Regierung und soll verschiedene finanzielle Leistungen wie Kindergeld, Bürgergeld, Sozialhilfe, Kinderzuschlag und Leistungen des Bildungs- und Teilhabepakets zusammenführen. Dadurch sollen bessere Chancen für Kinder und Jugendliche geschaffen und mehr Familien mit Unterstützungsbedarf erreicht werden.
Auch die Vorsitzende des Landesverbands Niedersachsen, Kerstin Tack, mahnte: „Das gesunde Aufwachsen sozialbenachteiligter Kinder und Jugendlicher durch die Schaffung von Chancengleichheit und Teilhabe ist unsere gesamtgesellschaftliche Verantwortung.“ Mit dem Bildungs- und Teilhabepaket sei dieses Ziel nicht erreicht worden, vielmehr werde das Versprechen auf mehr Teilhabe an Sport, Bildung oder Kultur „seit über einem Jahrzehnt meilenweit verfehlt. Das liegt nicht nur daran, weil man mit 15 Euro im Monat nicht weit kommt, sondern auch aufgrund bürokratischer Hürden und fehlender Angebote vor Ort“.
Von den knapp über 128.000 anspruchsberechtigten Kindern und Jugendlichen in Niedersachsen hätten nur rund 20.800 von dem Angebot profitiert, kritisierte der Landesverband. Vor allem in Regionen mit einer hohen Armutsquote, etwa Goslar, Göttingen, Northeim oder Ostfriesland, sei zugleich die Nachfrage der Anspruchsberechtigten „erschreckend niedrig“.
Der Untersuchung zufolge lag in Niedersachsen der Landkreis Verden bei der Teilhabe ganz vorn - immerhin 89,6 Prozent der betroffenen Kinder zwischen 6 und 14 Jahren erhielten die Teilhabeleistung. Auf dem zweiten Platz lag die Stadt Oldenburg (88,2 Prozent) vor der Stadt Wolfsburg (65,3 Prozent). Schlusslicht war der Landkreis Göttingen (1,5 Prozent). In der Stadt Bremen lag die Teilhabequote bei 11,5 Prozent, in Bremerhaven bei 14,5 Prozent.
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