Soziales Investieren:Wer Gutes tun will, geht zur Bank

Lesezeit: 3 Min.

Vor allem Mädchen hätten ohne die finanzielle Hilfe europäischer Unternehmen keine Chance auf Schulbildung. Diese Schule in Mali ist beispielsweise von dem deutschen Unternehmen Ernst & Young finanziert worden. (Foto: dpa)
  • Viele Menschen interessieren sich zunehmend dafür, mit ihrem angelegten Geld Gutes zu tun.
  • Sie zeigen sich bereit, in nachhaltige Produkte zu investieren - aber nur wenige haben dafür schon konkrete Pläne.

Von Lea Hampel

Wenn Christof Lützel Zeitpunkte benennen soll, zu denen sein Unternehmen viele Kunden gewonnen hat, fallen ihm Schlagworte ein: Lehman und Fukushima lauten die zum Beispiel. Kurz nachdem 2008 die amerikanische Investmentbank Insolvenz beantragte und als 2011 die Nuklearkatastrophe in Japan ihren Lauf nahm, klingelten bei seinem Arbeitgeber, der Genossenschaftsbank GLS, die Telefone und die E-Mail-Postfächer füllten sich. Offenbar brachten die Ereignisse viele Menschen zum Nachdenken. Sie wollten von Lützels Kollegen wissen, wie ihr Geld in erneuerbare Energien, Sozialprojekte und andere Dinge fließen könnte.

Viele Menschen interessiert es zunehmend, mit ihrem angelegten Geld auch Gutes zu tun. Das bestätigt eine vom Marktforschungsunternehmen Forsa für die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen durchgeführte Umfrage, die der Süddeutschen Zeitung vorliegt: Demnach wären 76 Prozent der Befragten bereit, in nachhaltige Geldanlagen zu investieren, hätten sie 50 000 Euro gespart und wollten diese anlegen.

"Impact Investment" ist seit einigen Jahren ein Trend in Deutschland

Dahinter steckt ein Trend, der sich seit einigen Jahren verbreitet: das Konzept des "Impact Investment", wirksamen Investierens. Es stammt aus den angelsächsischen Ländern. Es besteht darin, Geld dort zu investieren, wo es positiv auf die Gesellschaft wirkt. Das reicht vom normalen Klimasparbrief, mit dem lokale Energieprojekte finanziert werden, bis zum Investmentfonds für Bildung in Entwicklungsländern.

In den USA haben zuletzt Facebook-Gründer Mark Zuckerberg und Gattin Priscilla Chan eine Milliarden-Investition angekündigt, die Chancengleichheit für Kinder ermöglichen soll, in Großbritannien setzt sich Premierminister David Cameron für wirksames Investieren ein. Im Gegensatz dazu ist der deutsche Markt trotz eines Aufschwungs in den vergangenen Jahren noch klein und unstrukturiert. Das zeigt eine ebenfalls kürzlich veröffentlichte Studie der Bertelsmann-Stiftung.

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Es entstehen zwar derzeit neue Vermittler zwischen Kapitalgebern und -empfängern. Aber noch sind Geldgeber vor allem große Stiftungen und vermögende Privatpersonen. Für Privatanleger beschränke sich das Produktangebot "bei konventionellen Banken und Sparkassen häufig auf eine Produktklasse: meist Investmentfonds", sagt Annabel Oelmann von der Verbraucherzentrale NRW. Dabei steigt vor allem bei diesen Kunden das Interesse. Früher, so Lützel von der GLS Bank, habe man bis zu 3000 Kunden im Jahr gewonnen. "Heute sind es etwa 2500 pro Monat", schätzt er.

Interessiert sind vor allem junge Menschen - und Frauen

Dafür gibt es viele Gründe: Wie im Fall Fukushima sind es oft externe Faktoren, die Bankkunden nachdenklich machen. Ein Beispiel sind laut Lützel auch Nahrungsmittelskandale. Oft sind es persönliche Erlebnisse, wenn ein Ausbildungskonto angelegt wird oder jemand überraschend erbt. Ein weiterer Faktor ist die wachsende Bekanntheit solcher Anlagen: Immerhin 55 Prozent aller Befragten der Verbraucherzentralen-Umfrage sagen, sie hätten schon von dieser Möglichkeit der Geldanlage gehört.

Vor allem junge Menschen mit guter Ausbildung oder höherem Einkommen sind dafür offen - und Frauen. In Beratungsgesprächen säßen oft Ehepaare, erzählt Lützel. "Der Mann will wissen, wie hoch Risiko und Rendite sind. Die Frau hingegen fragt: Was machen Sie anders als die anderen?" Laut der Umfrage der Verbraucherzentralen sind 68 Prozent der Frauen der Meinung, dass Nachhaltigkeitsaspekte bei allen Finanzprodukten berücksichtigt werden sollten. Das finden nur 63 Prozent der Männer. Für welchen der Zwecke das Geld ausgegeben wird, scheint nicht so wichtig zu sein.

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Gleichzeitig weisen beide Untersuchungen auf einen Mangel an Wissen hin: Nur ein knappes Viertel der Befragten, die nachhaltige Geldanlagen kennen, besitzen oder besaßen schon solche Investments. Als häufigsten Grund für die Zurückhaltung nennen junge Privatkunden unter 30 Jahren, dass sie ihnen nicht vom Berater vorgeschlagen wurden. Auch die Bertelsmann-Studie erklärt, dass Investoren oft nicht wüssten, wie sie ihr Geld wirkungsorientiert anlegen könnten. Die Autoren sehen daher Bedarf für eine stärkere Förderung durch die Politik und empfehlen eine Kompetenzstelle auf Bundesebene.

Bezeichnend ist: Von den Bankkunden sind 69 Prozent überzeugt, dass "nachhaltige Geldanlagen einen wichtigen Beitrag zum Beispiel für den Umwelt- und Klimaschutz leisten". Aber nur 18 Prozent der Befragten haben vor, künftig mehr so zu investieren. Denn: Die Hälfte der Befragten findet, dass nachhalte Geldanlagen etwas für "Menschen mit idealistischen Überzeugungen" sind.

© SZ vom 13.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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