Detlef Scheele:BA-Chef gegen "solidarisches Grundeinkommen"

PK bei Bundesagentur für Arbeit

Detlef Scheele während einer Pressekonferenz.

(Foto: dpa)

In Berlin bekommen 1000 Arbeitslose ein "solidarisches Grundeinkommen". Der Chef Bundesagentur für Arbeit findet das Modell "problematisch".

Das Anfang Juli in Berlin gestartete Modell eines sogenannten "solidarischen Grundeinkommens" stößt beim Vorstandschef der Bundesagentur für Arbeit, Detlef Scheele, auf Vorbehalte. "Ich finde es immer lobenswert, wenn sich jemand um Langzeitarbeitslosigkeit kümmert. Ich finde aber, das 'solidarische Grundeinkommen' ist problematisch", sagte Scheele der Deutschen Presse-Agentur. Zentraler Kritikpunkt Scheeles ist die Zielgruppe des Projekts: Arbeitslose, die erst seit ein bis zwei Jahren ohne Job sind. Diese Gruppe sollte man nach Scheeles Überzeugung lieber fortbilden oder vermitteln, als sie öffentlich gefördert einzustellen.

"Bei öffentlich geförderter Beschäftigung besteht im Prinzip immer die Gefahr des sogenannten Lock-in-Effekts: Man kommt nicht wieder raus", sagte Scheele. "Man kennt das aus den 90er Jahren. Da sind kurzzeitig Arbeitslose in Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen gekommen. Das hat negative Folgen für die Betroffenen gehabt." Ein öffentlich geförderter Beschäftigungssektor solle möglichst nur die "Ultima Ratio" für Menschen sein, die bereits länger, also fünf bis sechs Jahre, arbeitslos seien. Dafür habe er sich immer eingesetzt und dafür gebe es jetzt das Teilhabechancengesetz. Das am Jahresanfang gestartete Modell des sozialen Arbeitsmarktes richtet sich an Arbeitslose über 25, die innerhalb von sieben Jahren mindestens sechs Jahre Hartz IV bezogen haben.

Das Berliner Modellprojekt des "solidarischen Grundeinkommens" richtet sich hingegen an Menschen, die zwischen einem und drei Jahren arbeitslos sind. Dabei wird Arbeitslosen eine sozialversicherungspflichtige Tätigkeit im gemeinnützigen Bereich finanziert. Die Menschen sollen beispielsweise als City-Lotsen Touristen helfen, als Kitahelfer die Essensversorgung mitorganisieren, als Mobilitätshelfer für körperlich eingeschränkte Menschen unterstützen oder als Lotsen für Obdachlosen Tipps für die Kältehilfe geben. Sie werden nach Tarif- oder Mindestlohn bezahlt. Die Jobcenter suchen die Teilnehmer aus. Der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) sieht im "solidarischen Grundeinkommen" für etwa 1000 Betroffene einen Beitrag, das Hartz-IV-System zu überwinden. Der Modellversuch soll zunächst fünf Jahre laufen.

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