Schuldenstaaten:EU entscheidet über Strafen für Spanien und Portugal

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  • Die EU-Kommissare treffen sich an diesem Dienstag zu ihrer wöchentlichen Sitzung. Dabei werden auch Spanien und Portugal das Kollegium beschäftigen.
  • Es geht um eine Grundsatzfrage: Darf eine selbsternannte "politische Kommission" die Regeln des Stabilitäts- und Wachstumspakts politisieren?

Von Alexander Mühlauer, Brüssel

Es ist Anfang Juli. Höchste Zeit also, sich mal wieder mit Spanien und Portugal zu beschäftigen. So hatte es die EU-Kommission im Mai angekündigt. Damals verzichtete die Behörde darauf, die Defizitverfahren in beiden Ländern zu verschärfen. "Dies ist wirtschaftlich und politisch nicht der richtige Zeitpunkt für diesen Schritt", hieß es. Und weiter: Anfang Juli wolle die Kommission darüber beraten, ein Beschluss werde nach den Wahlen in Spanien fallen. Nun haben die Spanier gewählt, eine Regierung gibt es noch nicht, das Defizit ist unverändert hoch. Und sonst? Es ist nun einmal Anfang Juli.

Die EU-Kommissare treffen sich an diesem Dienstag zu ihrer wöchentlichen Sitzung. Auf der offiziellen Tagesordnung finden sich die Themen Terrorfinanzierung, Geldwäsche und das Handelsabkommen mit Kanada (Ceta). Von Spanien und Portugal ist nichts vermerkt. Und doch werden die beiden Länder das Kollegium beschäftigen, denn es geht um eine Grundsatzfrage: Darf eine selbsternannte "politische Kommission" die Regeln des Stabilitäts- und Wachstumspakts politisieren? Falls ja, wie weit darf sie gehen?

Die Stimmung unter den Kommissaren ist jedenfalls gespalten. So fordert der Deutsche Günther Oettinger Sanktionen gegen Spanien und Portugal. Der Lette Valdis Dombrovskis dringt auf "nötige Entscheidungen", ohne zu sagen, was er damit genau meint. Andere wiederum, und das sind nicht nur jene Kommissare von der iberischen Halbinsel, plädieren dafür, die beiden Länder nicht zu bestrafen. Bereits im Mai war das Meinungsbild ähnlich. Damals entschied Kommissionschef Jean-Claude Juncker, Spanien und Portugal ein weiteres Jahr Zeit zu geben, um die Haushaltsdefizite zu senken. Über mögliche Sanktionen sollte nach den spanischen Wahlen beraten werden.

Schäuble warnt vor einem neuen ESM-Programm für Portugal

Aus EU-Kreisen hieß es am Montag, dass die beiden Länder weiter Zeit bekommen könnten, um noch im Juli Vorschläge für eine Begrenzung ihrer Haushaltsdefizite zu präsentieren. Die Kommission würde demnach bei ihrer Sitzung am Dienstag noch keine Strafen wegen der Verfehlung der Haushaltsregeln vorschlagen. Stattdessen werde die Kommission nur feststellen, die beiden Länder hätten nicht entschieden genug gehandelt, um ihre übermäßigen Defizite einzudämmen. Diese Entscheidung der Kommission müssten die EU-Finanzminister bestätigen. Ob und welche Sanktionen die Kommission dann verhängen will, könnte sich erst im September entscheiden.

In der EU dürfen die Staaten beim Haushaltsdefizit gemessen an der Wirtschaftsleistung die Grenze von drei Prozent nicht überschreiten und müssen die gesamte Verschuldung unter 60 Prozent halten. Spanien sollte voriges Jahr das Defizit auf 4,2 Prozent reduzieren, schaffte aber nur 5,1 Prozent. Portugal wiederum lag bei einem Defizit von 4,4 Prozent, hatte aber eigentlich eine Senkung auf unter drei Prozent zugesagt. "Das einzige Land, das mir Sorge macht, ist Portugal", sagte der Chef des Euro-Krisenfonds ESM, Klaus Regling, der Wirtschaftswoche. Die neue Regierung in Lissabon habe Reformen zurückgedreht, deshalb sei das Land "wieder weniger wettbewerbsfähig". Schäuble warnte kürzlich, dass dem Land ein neues ESM-Programm drohe, wenn es die EU-Vorgaben nicht einhalte. Portugal hat deshalb formellen Protest bei der Bundesregierung eingereicht.

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Lissabons Ministerpräsident Antonio Costa gab sich am Montag betont kämpferisch: "Die Regierung wird bis zur letzten Minute mit aller Energie dafür kämpfen, damit Portugal nicht belangt wird für das Ergebnis der Vorgängerregierung 2015."

© SZ vom 05.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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