Bert Rürup hatte am Donnerstag einen vollen Terminkalender. Pünktlich um 10.10 Uhr fing an der Frankfurter Universität eine Diskussionsrunde zum Thema Riester-Rente an, bei der Rürup gewissermaßen der Stargast war. Der ehemalige Professor und Wirtschaftsweise bestimmte über Jahrzehnte die Diskussion über die Rente in Deutschland mit, nach ihm ist eine Variante der Riester-Rente benannt, die Rürup-Rente.
Schlichter Rürup (mi.) mit den Streitenden: Lufthansa-Manager Gerber (li.) und Gewerkschafter Baublies. Man traf sich in Bad Nauheim.
(Foto: dpa)Kurz nach 11 Uhr stand der 68-Jährige auf, verabschiedete sich mit den Worten: "Ich muss jetzt zur Schlichtung." Um 12.30 Uhr begann in Bad Nauheim, 40 Kilometer entfernt, die Schlichtung im Tarifkonflikt zwischen der Lufthansa und ihren Flugbegleitern. Der Streit dauert schon ein Jahr, in drei Wellen haben die Stewards und Stewardessen gestreikt, mehr als 1000 Flüge ausfallen lassen und der Airline einen Millionenschaden zugefügt.
Vor zwei Wochen wurde bekannt, dass Rürup im festgefahrenen Konflikt schlichten wird. Die Personalie sorgte für Aufsehen, schließlich ist Multi-Talent Rürup in Deutschland ein bekannter Mann. Viel kritisiert wurde er, als er 2009 eine Beratungsgesellschaft mit Carsten Maschmeyer ins Leben rief, dem Gründer des umstrittenen Finanzdienstleisters AWD. An Rürup knüpfen die Lufthansa und die Gewerkschaft Ufo, die die Flugbegleiter vertritt, große Hoffnungen.
Was bisher nicht bekannt war: Rürup ist in dem Streit vielleicht nicht so neutral, wie es ein Schlichter sein sollte. Wie die Süddeutsche Zeitung erfuhr, betreute er in den 1990er Jahren an der Technischen Universität Darmstadt die Doktorarbeit von Lufthansa-Chef Christoph Franz als Zweitkorrektor. Franz studierte Wirtschaftsingenieurswesen.
Rürup war zwar nicht Doktorvater, das war Professor Joachim Lang. Er gibt aber zu, dass er Franz seit Langem kennt. Ein Problem für seine Rolle als Schlichter sieht er darin nicht: "Unsere persönliche Bekanntschaft wurde von Anfang an kommuniziert, auch der Verhandlungsführer von Ufo, Nikoley Baublies, hat davon gewusst", sagte Rürup am Donnerstag der SZ. Und gerade, weil es die andere Seite wisse, könne er im Schlichtungsprozess nicht Partei für die Lufthansa ergreifen, "das würde doch sofort ins Gegenteil umschlagen". Er müsse deshalb umso stärker darauf achten, neutral zu sein.
Die Gewerkschaft Ufo war am Donnerstag nicht erreichbar. Ein Sprecher der Lufthansa sagte, Rürup habe das Thema zu Beginn der Schlichtungsrunde selbst angesprochen. Dabei habe Baublies dem Verhandlungsführer der Lufthansa, Peter Gerber, versichert, dass die Bekanntschaft von Rürup und Franz für die Ufo kein Problem sei. Im Übrigen habe nicht Franz persönlich Rürup als Schlichter vorgeschlagen. Die Entscheidung sei in einem mehrköpfigen Lufthansa-Gremium gefallen.