Galaxy Fold:Samsung lässt Bericht über Falt-Handy löschen

Lesezeit: 3 Min.

  • Das Reparaturportal iFixit entfernt auf Druck von Samsung einen Bericht über das Galaxy Fold.
  • Das Falt-Handy hätte am heutigen Freitag auf den Markt kommen sollen.
  • Wegen Display-Problemen musste Samsung den Start auf unbestimmte Zeit verschieben.

Von Simon Hurtz

Der heutige Freitag hätte für Samsung ein Tag des Triumphes werden sollen. Am 26. April sollten die ersten Käufer das Galaxy Fold in den Händen halten und beeindruckt auf und zu falten. Medien hätten Samsung für seinen Mut und seine Innovationskraft loben sollen: Immerhin wollten die Koreaner als erstes großes Unternehmen ein faltbares Smartphone auf den Markt bringen.

Hätte, wäre, Konjunktiv. Statt sich über weltweite Aufmerksamkeit zu freuen, ist Samsung jetzt damit beschäftigt, Aufmerksamkeit zu vermeiden und unliebsame Berichte aus dem Netz zu tilgen. Am Donnerstag hat die Webseite iFixit einen sogenannten Teardown des Galaxy Fold entfernt - angeblich auf Druck von Samsung, wie iFixit auf seinem Blog schreibt.

Das Reparaturportal untersucht regelmäßig, ob und wie gut sich neue Geräte reparieren lassen. Es veröffentlicht ausführliche Do-it-Yourself-Anleitungen und verortet die Geräte auf einer Skala von 1 bis 10. Das Galaxy Fold erhielt eine 2, lässt sich also nur sehr schwer auseinanderbauen. Der miese Reparatur-Index dürfte Samsung egal sein. Das Unternehmen will wohl eher verhindern, dass Konstruktionsfehler des Galaxy Fold öffentlich werden. Bei mehreren Testgeräten war ausgerechnet das neuartige Falt-Display des Geräts ausgefallen. Das hatte dazu geführt, dass Samsung den Start des 2000-Euro-Handys auf unbestimmte Zeit verschieben musste.

Samsung Galaxy Fold
:Die Falt-Revolution muss warten

Samsung verschiebt den Start des Galaxy Fold auf unbestimmte Zeit. Mehrere Testexemplare des 2000-Euro-Handys hatten versagt.

Von Simon Hurtz

Die Reparatur-Analyse von iFixit war zwei Tage lang online und sei in dieser Zeit auf "starkes öffentliches Interesse" gestoßen, schreiben die Bastler. Juristisch seien sie nicht verpflichtet, den Teardown vom Netz zu nehmen. Jedoch habe Samsung Druck auf einen nicht genannten "Partner" von iFixit ausgeübt, von dem die Seite das Gerät erhalten hatte. Aus Rücksicht vor diesem Partner habe man sich entschieden, die Analyse vorerst zurückzuziehen.

Was Samsung zu dem Schritt bewogen hat, ist unklar. Auf eine Anfrage hat das Unternehmen bislang nicht geantwortet. Eigentlich sollte es ein Interesse daran haben, weitere negative Berichte zu vermeiden, bis das Galaxy Fold auf den Markt kommt. Dabei scheint Samsung zwei Dinge zu übersehen: Erstens hat die Schauspielerin Barbara Streisand bereits vor 16 Jahren demonstriert, dass der Versuch, missliebige Berichterstattung zu unterdrücken, meist nach hinten losgeht. Der Streisand-Effekt beschreibt das Phänomen, dass erzwungene Löschungen oder Klagen das Gegenteil bewirken, nämlich noch mehr Aufmerksamkeit.

Zweitens ist es schwer bis unmöglich, Informationen vollständig aus dem Netz zu tilgen. Projekte wie Archive.org schützen vor Serverausfällen und abmahnfreudigen Unternehmen. Der iFixit-Teardown ist zwar nicht mehr über den ursprünglichen Link im Netz zu finden, bleibt aber bei Archive.org und Archive.is abrufbar. Zudem hatten bereits mehrere Medien die Befunde von iFixit aufgegriffen und werden ihre Artikel darüber wohl kaum löschen. Zuletzt dürften Medienberichte wie dieser über die quasi erzwungene Löschung auf mindestens genauso "starkes öffentliches Interesse" stoßen wie die ursprüngliche Analyse.

Das Galaxy Fold weckt Erinnerungen an das Note-7-Desaster

Samsung versucht nicht zum ersten Mal, negative Berichte zu unterdrücken. 2016 machte das Unternehmen Urheberrechtsansprüche geltend und ließ ein Youtube-Video löschen. Es hieß "GTA 5 Mod - Galaxy Note 7 (Bomb)" und zeigte Szenen aus einer modifizierten Version des Videospiels GTA. Statt einer Waffe trug der Protagonist ein Samsung-Handy - eine Anspielung auf das bislang größte Desaster in Samsungs Firmengeschichte. Damals gingen zahlreiche Exemplare des Galaxy Note 7 in Flammen auf, schließlich musste das Smartphone zurückgerufen werden. Dabei verbrannten nicht nur Handys, sondern auch eine Menge Geld: Analysten gehen von Milliardenverlusten aus, zudem hat der Ruf des Unternehmens stark gelitten.

Von solchen Dimensionen ist die Posse um das Galaxy Fold noch weit entfernt. Die vergangenen Wochen lassen Samsung zwar schlecht aussehen, finanziell dürfte die PR-Panne aber weniger weh tun als der Rückruf des Galaxy Note 7. Bis Jahresende wollte Samsung rund eine Million Exemplare des Galaxy Fold produzieren - ein Bruchteil der 291 Millionen Smartphones, die das Unternehmen 2018 ausgeliefert hat.

Samsung hat alle Testexemplare zurückgefordert, die es an Journalisten verteilt hatte. Im Gegensatz zur iFixit-Analyse sind die Testberichte noch online. Sie zeichnen das Bild eines unfertigen, aber vielversprechenden Geräts. "Verdammt viel Geld für einen Prototyp", befindet Engadget und beschreibt das Galaxy Fold als "frustrierend und fantastisch zugleich". Ähnlich sieht es The Verge, dessen Tester den Mehrwert des faltbaren Displays lobt. Ob und wann normale Nutzer das Galaxy Fold ausprobieren können, ist unklar: Samsung hat noch keinen neuen Termin für den verschobenen Start genannt.

© SZ.de - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Nach dem Falthandy
:Wohin der Smartphone-Markt als nächstes steuert

Mit seinem neuen Smartphone mit faltbarem Bildschirm testet Samsung technische und preisliche Grenzen aus. Die Entwicklung geht stürmisch weiter. Und wo bleibt Europa?

Kommentar von Helmut Martin-Jung

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: