Salesforce:Der Übervater Benioff steht schon wieder allein ganz oben

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Marc Benioff, Gründer, Chef und Übervater, beklagt den Abgang seines Co-Chefs in den höchsten Tönen: "Das ist extrem hart für mich." (Foto: Eric Risberg/AP)

Bret Taylor, Co-Chef des Software-Konzerns Salesforce, geht nach nur einem Jahr. Gründer Marc Benioff und sein Ego müssen sich fragen, ob das nicht vielleicht auch an ihnen liegt.

Von Helmut Martin-Jung

Und weg ist er, schon wieder einer weniger. Es galt in der Branche als Coup, dass es dem Chef des Cloudsoftware-Unternehmens Salesforce, Marc Benioff, gelang, einen Mann wie Bret Taylor an Bord zu holen. Der hat das Start-up Quip gegründet, das Salesforce auch seinetwegen gekauft hatte. Im Silicon Valley galt er als ein genialer Unternehmer. Doch nach nur einem Jahr als Co-Chef des Software-Konzerns wirft Taylor, 42, hin. Er will nach eigenem Bekunden wieder in die Start-up-Szene, "zurück zu meinen unternehmerischen Wurzeln". Er ist nach Keith Block schon der zweite Co-Chef, der nach kurzer Zeit wieder ausscheidet.

Alleiniger Chef ist nun wieder Gründer, Chef und Übervater Benioff. Er beklagt den Abgang in den höchsten Tönen: "Das ist extrem hart für mich", sagte Benioff in einer Telefonkonferenz zu den Quartalsergebnissen von Salesforce. "Es lässt mich an all die großartigen Menschen denken, die wir auch in der Vergangenheit schon verloren haben. So viele gute Führungskräfte."

Wer genau hinhört, bemerkt jedoch, dass Benioff vor allem seine eigene Betroffenheit herausstellt. Der Weggang von Taylor sei extrem hart für ihn, für Benioff also. Wer ihm begegnet ist, dem wird Benioffs Ego nicht entgangen sein - es ist mindestens so groß wie der massige Benioff selbst. Groß sind auch seine Ansprüche. In San Francisco hat er den höchsten Büroturm an der Westküste bezogen, die jährliche Kundenkonferenz Dream Force legte zumindest vor der Pandemie qua ihrer Größe einen Teil der Innenstadt von San Francisco lahm und zog weit über 100 000 Gäste an. Und wachsen soll seine Firma auch in solchen Maßstäben. Da heißt es für seine Begleiter erst einmal: mithalten.

Für den als ruhig und besonnen, aber auch genial geltenden Taylor war das offenbar nichts. Und auch Keith Block war es nicht ganz gelungen, mitzuhalten. Der frühere Chef des Tagesgeschäfts bei Salesforce war 2013 zu der Firma gekommen, mit einem Ruf als begnadeter Verkäufer. 2018 beförderte ihn Benioff zum Co-Chef, doch schon im Februar 2020 war wieder Schluss. Beide lobten einander danach über die Maßen, die Zahlen allerdings waren nicht gut. Zwar wuchsen die Umsätze von Salesforce, aber der Gewinn ging um 90 Prozent zurück.

Der Druck auf Salesforce wächst

Ein ähnliches Bild zeichnet sich auch heute ab. Der wirtschaftliche Ausblick ist nicht rosig für das Unternehmen. Erstmals in seiner Geschichte konnte Salesforce im Jahresvergleich kein Wachstum von 20 Prozent oder mehr ausweisen. Stattdessen blieb die Firma bei 14 Prozent hängen. Und zu den weiteren Aussichten wollte sich die Führungsriege erst gar nicht äußern, obwohl sie das sonst immer im dritten Quartal getan hatte. Es sei "noch zu früh" für eine Vorschau, sagte Finanzchefin Amy Weaver, angesichts der unsicheren wirtschaftlichen Entwicklungen und schwankender Wechselkurse.

Wie soll es nun weitergehen? Wird Benioff die Firma wieder alleine führen, so wie er das lange Zeit getan hat? Holt er sich einen Co-Chef von außen - oder befördert er einen seiner Manager? Potenzial gäbe es durchaus, zum Beispiel wäre da Stewart Butterfield, der Chef des Kommunikations-Werkzeugs Slack. Salesforce hat Slack für viel Geld gekauft hat. Adam Selipsky, Chef der Firma für Visualisierungs-Software Tableau, einer weiteren Erwerbung Benioffs, kommt dagegen kaum infrage - er hat Salesforce bereits 2021 verlassen und ist mittlerweile Chef von Amazon Web Services, der sehr erfolgreichen Cloud-Sparte des Online-Händlers.

Klar ist: Der Druck auf Salesforce, bisher vom Erfolg verwöhnt, wächst. Investoren fragen sich mehr und mehr, ob die teuren Akquisitionen sich tatsächlich auszahlen. Nach der Ankündigung, dass Taylor das Unternehmen verlassen wird, sank der Aktienkurs um sieben Prozent. In diesem Jahr ist der Kurs der Salesforce-Papiere damit bereits um rund 37 Prozent gefallen.

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