Energie: Verbrauch steigt rasant:China überholt die USA

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Weit schneller als gedacht hat China die Vereinigten Staaten als weltgrößten Energieverbraucher abgelöst. Problematisch ist, dass China dabei vor allem auf Kohle setzt.

Nikolaus Piper, New York

Die Volksrepublik China hat im vergangenen Jahr die Vereinigten Staaten als größter Energieverbraucher der Welt abgelöst. Wie der Chefvolkswirt der Internationalen Energie-Agentur (IEA), Fatih Birol, dem Wall Street Journal sagte, verbrauchte China 2009 insgesamt 2,25 Milliarden Tonnen Rohöleinheiten - vier Prozent mehr als die Vereinigten Staaten mit 2,17 Milliarden Tonnen. Damit habe "ein neues Zeitalter der Energie" begonnen, sagte Birol. Die IEA vertritt die Interessen der Industrieländer auf dem Weltenergiemarkt und wurde 1974 als Gegengewicht zur Organisation erdölexportierender Staaten (Opec) gegründet.

Straßenhändler vor einem Kohlekraftwerk in Peking: China verbraucht inzwischen vier Prozent mehr Energie als die USA. (Foto: rtr)

Die neuen Zahlen sind für Experten eine große Überraschung. Zwar war allgemein erwartet worden, dass China in absehbarer Zeit mehr Energie verbrauchen wird als Amerika, jedoch nicht so schnell. Die US-Behörde zur Energie-Information (EIA) schätzte noch in ihrem jüngsten International Energy Outlook vom vergangenen Frühjahr, dass dieser Zeitpunkt erst irgendwann zwischen 2015 und 2020 eintreten würde. Die wesentliche Ursache für die Beschleunigung des Trends dürfte die Finanzkrise sein, die die USA und die anderen Industrieländer weit zurückgeworfen, China jedoch kaum beeinträchtigt hat. Die Vereinigten Staaten hatten ihre Rolle als größter Energieverbraucher der Welt seit Beginn des 20. Jahrhunderts inne. Pro Kopf der Bevölkerung verbrauchen die USA weiterhin mehr als jede andere größere Nation auf der Erde - fünfmal so viel wie die Volksrepublik China und ungefähr 90 Prozent mehr als Deutschland.

Energieversorgung mit Kohle

Der wachsende Energieverbrauch Chinas ist ein zentraler Faktor in der internationalen Klimapolitik. Der Weltklimagipfel im vergangenen Dezember in Kopenhagen ist unter anderem wegen der Haltung der chinesischen Regierung gescheitert. China baut seine Energieversorgung maßgeblich auf die besonders klimaschädliche Kohle. Bereits heute verbraucht die chinesische Wirtschaft mehr als doppelt so viel Kohle wie die amerikanische und fünfmal so viel wie Westeuropa. Aus diesem Grund hat China schon im Jahr 2007 die USA als größter Emittent von Kohlendioxid auf der Welt abgelöst.

Nach den Projektionen der amerikanischen Regierungsagentur wird China bis 2035 im Durchschnitt jährlich 2,6 Prozent mehr Kohle verbrennen; in den USA wird der Verbrauch währenddessen um 0,4 Prozent jährlich steigen, in Europa um 0,6 Prozent sinken. Nach Aussage von IEA-Volkswirt Birol wird China in den kommenden 15 Jahren insgesamt 1000 Gigawatt an neuer Kraftwerkskapazität aufbauen - das entspricht sämtlichen Elektrizitätswerken, die heute in den Vereinigten Staaten in Betrieb sind.

Die wachsende Rolle Chinas zeigt sich auch in internationalen Organisationen wie der Weltbank, wo die Volksrepublik in diesem Jahr offiziell Deutschland als drittgrößte Volkswirtschaft ablöst (nach den USA und Japan). Legt man als Maßstab nicht die offiziellen Wechselkurse zugrunde, sondern die Kaufkraft der unterschiedlichen Währungen, ist die Wirtschaftsleistung Chinas bereits heute höher als die Japans. Peking hält derzeit noch den Wechselkurs des Yuan künstlich niedrig. In Kaufkraft gemessen könnte die chinesische Wirtschaft bis zum Jahr 2030 auch die amerikanische überholen. In diesem Jahr wird China nach der Prognose des Internationalen Währungsfonds (IWF) um 10,5 Prozent wachsen, die USA können mit 3,3 Prozent rechnen und die Länder der Euro-Zone mit 1,3 Prozent.

© SZ vom 20.07.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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