Quelle wird zerschlagen:Jetzt kommen die Rosinenpicker

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"Die Bieterliste ist rappelvoll:" Der Komplett-Verkauf Quelles ist spektakulär gescheitert, doch um Teile des Versandhauses rangeln sich nun die Interessenten.

Uwe Ritzer

Parallel zum Ausverkauf sämtlicher Lagerbestände des Versandhauses Quelle hat Insolvenzverwalter Klaus-Hubert Görg mit der Zerschlagung des insolventen Unternehmens begonnen. Erste Gespräche mit Kaufinteressenten für einzelne Sparten hat es bereits gegeben; weitere sind für diese Woche angesetzt.

Ausverkauf bei Quelle: Die Kunden stürmen die Verkaufsstellen, aber auch Investoren interessieren sich für die Einzelteile des Versandhauses. (Foto: Foto: ddp)

"Die Bieterliste ist rappelvoll", sagte ein Sprecher Görgs der Süddeutschen Zeitung. Nachdem der Komplett-Verkauf der Versandgruppe Primondo samt ihres Herzstücks Quelle vor zwei Wochen gescheitert ist, gäbe es nun "Interessenten für jede erdenkliche Konstellation."

Einigen Sparten, wie der Küchen-Quelle oder dem Technik-Dienstleister Profectis, räumen Experten gute Chancen ein, bald von einem Investor übernommen zu werden.

"So zügig wie möglich"

Görgs Sprecher wollte zu den Aussichten für die einzelnen Firmen nichts sagen. Stattdessen kündigte er an, der Verkaufsprozess werde "so zügig wie möglich, aber auch so gründlich wie nötig über die Bühne gehen."

Der Start des Quelle-Ausverkaufs am Sonntag war hingegen mit größeren technischen Schwierigkeiten verbunden. Ab sechs Uhr früh stürzten sich Schnäppchenjäger auf die 18 Millionen Waren, die über die Internetseite des Versandhauses angeboten werden.

Die Seite war durch den virtuellen Ansturm zeitweise völlig überlastet und nicht zu erreichen. Von diesem Montag an wird die um bis zu 30 Prozent reduzierte Ware auch über die bundesweit 1200 Quelle-Shops und 60 Quelle-Technik-Center verkauft.

Lob des Betriebsrats

Für den Abverkauf werden nach Angaben von Insolvenzverwalter Görg etwa 4300 Mitarbeiter der Primondo-Gruppe vorläufig weiterbeschäftigt. Der Betriebsratsvorsitzende Ernst Sindel lobte ausdrücklich das Ausverkaufs-Konzept der Insolvenzverwaltung.

Dennoch hat die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi für diesen Montag zu einer Protestversammlung in Nürnberg aufgerufen. Dort stößt vor allem die Art und Weise, wie vergangenen Freitag 2000 Beschäftigten gekündigt wurde, auf Unmut. Kirchenvertreter und Gewerkschafter kritisieren die teils kurzfristigen Kündigungen als planlos und menschenverachtend.

Middelhoff beschuldigt die Politik

Nach Ansicht von Thomas Middelhoff hätte das Versandhaus überhaupt nicht sterben müssen. Während bei Quelle und Primondo viele den bis Anfang 2009 amtierenden Vorstandschef des Mutterkonzerns Arcandor für die Misere verantwortlich machen, schob Middelhoff dem Staat eine Mitverantwortung zu.

"Als keine Staatshilfen kamen und das Planinsolvenzverfahren scheiterte, stand das Unternehmen ohne Alternative da", sagte Middelhoff der Bild am Sonntag. Er nannte das Ende von Quelle "ein in höchstem Maß bedauerliches Ereignis", das hätte verhindert werden können.

Bis zu seinem Ausscheiden habe es fortgeschrittene Verhandlungen mit einem Fusionspartner gegeben. Görgs Sprecher kommentierte die Aussagen des Ex-Arcandor-Chefs süffisant: "Wir nehmen keine Stellung zu laufenden staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen."

"Wirklich zynisch"

Gemeint ist damit das Verfahren der Staatsanwaltschaft Essen, die gegen Middelhoff wegen des Verdachts der Untreue in seiner Zeit als Konzernchef ermittelt. Verdi-Mann Johann Rösch kommentierte Middelhoffs Aussagen als "wirklich zynisch." Sie seien "der durchsichtige Versuch, sein Image zu retten, aber das wird nicht funktionieren." Dem Manager sei es nie gelungen, Quelle und Primondo auf ein solides Fundament zu stellen.

Im Metro-Aufsichtsrat wächst unterdessen offenbar der Widerstand gegen die Übernahme der Karstadt-Filialen, wie die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung berichtet. Der Händler will Karstadt nicht als Ganzes übernehmen, sondern nur bestimmte Häuser der Arcandor-Tochter.

Man werde "wenig bis gar kein Geld" für ein Geschäftsmodell von gestern ausgeben, zitiert das Blatt Kreise des Kontrollgremiums. Ein Metro-Sprecher wollte sich dazu nicht äußern.

© SZ vom 02.11.2009/pak - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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