Quelle: Nach der Pleite:Insolvenzverwalter im Büßergewand

Seltener Fall der Selbstkritik: Arcandor-Insolvenzverwalter Görg räumt Fehleinschätzungen bei der Abwicklung der Konzerntochter Quelle ein.

Der Insolvenzverwalter von Arcandor, Klaus Hubert Görg, gibt sich nach dem Aus der Konzerntochter Quelle selbstkritisch. Er müsse sich selbst zwar keine Fehler und Versäumnisse vorwerfen, sagte er der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ), Fehleinschätzungen aber schon: "Wenn man ein Gut für verkäuflich hält, das aber misslingt, ist das klar eine Fehleinschätzung", so der Insolvenzverwalter.

Quelle: Nach der Pleite: Hält die Kritik an seiner Person für unvermeidbar: Insolvenzverwalter Klaus Hubert Görg.

Hält die Kritik an seiner Person für unvermeidbar: Insolvenzverwalter Klaus Hubert Görg.

(Foto: Foto: dpa)

Allerdings wären die Vorwürfe noch viel heftiger ausgefallen, wenn er Quelle sofort mit der Kündigung des Factorings am 10. Juni abgewickelt hätte, gab Görg zu bedenken. Es habe keine Alternative dazu gegeben, die Chancen zu nutzen, den Verbund zu verkaufen. "Auch wenn der Versuch am Ende scheiterte."

Die Kritik an seiner Person habe er für unvermeidbar gehalten, so Görg in der FAZ. Die Verwaltung der Arcandor-Pleite sei von vornherein keine Vergnügungsreise gewesen: "Solche Botschaften sind nicht einfach und wenden sich gegen den, der sie überbringt."

Hoffnung auf Vergütung

Dass er nun sogar auf Honorar verzichten wolle, habe aber nichts mit den Bemängelungen an seiner Person zu tun. Vielmehr gehe es um die Sicherheiten, die die KfW, die bayerische LfA und die Sächsische Aufbaubank für den im Sommer erteilten Massekredit über 50 Millionen Euro verlangt hätten. Gegenüber diesen Forderungen sei er mit seinen Vergütungsansprüchen bereits im Sommer zurückgetreten, bekräftigte der 69-Jährige. Er hoffe aber schon, dass die Steuerzahler die 50 Millionen Euro zurückbekämen und das Team der Insolvenzverwalter eine Vergütung.

Der Kölner Jurist betonte, dass er noch alle Hände voll zu tun habe. In den insgesamt 37 Insolvenzverfahren ginge es immerhin um 75.000 Gläubiger, sagte Görg der FAZ. Ein Sprecher Görgs hatte bereits in der Vergangenheit darauf hingewiesen, dass der Konzern und seine Tochterunternehmen wie Karstadt oder Quelle nicht nur Lieferanten und Dienstleistern Geld schulde, sondern auch Tausenden von Mitarbeitern.

Er werde aber versuchen, das Geschäft ordentlich abzuwickeln. Ob das bis Weihnachten ginge, wie vielerorts vermutet, müsse sich zeigen.

Hoffnung für Karstadt

Görg bestätigte, dass einige Interessenten für Quelle auf den Plan getreten seien, darunter seien allerdings auch Schnäppchenjäger. Er spräche mit ernsthaft interessierten Bietern, die ihr Konzept auch finanzieren könnten.

Auch nach dem überraschend schnellen Aus für Quelle sieht Görg nach wie vor gute Chancen für eine Rettung der Warenhaustochter Karstadt. "Das Geschäft ist positiv und liegt über Plan", sagte er der FAZ.

Bei Quelle habe die verzögerte Auslieferung des Herbst/Winter-Katalogs dagegen dazu geführt, dass viele Kunden weggeblieben seien. "Deswegen darf man beides nicht in einen Topf werfen", meinte Görg. Er halte nach wie vor an dem Ziel fest, die mehr als 100 Karstadt-Häuser als Ganzes abzugeben.

Interessenten aus In- und Ausland

Der Insolvenzverwalter betonte, für Karstadt gebe es Interessenten aus dem In- und Ausland. Er wolle die Eckpunkte seines Sanierungskonzeptes auf der Gläubigerversammlung im November vorstellen. "Ich hoffe, dass die Gläubiger zustimmen, damit wir dann noch vor Weihnachten Klarheit über das Insolvenzplanverfahren haben. Dann kann auch der förmliche Verkaufsprozess beginnen", meinte Görg.

Unklar ist unterdessen weiterhin die Zukunft der von Arbeitslosigkeit bedrohten 7000 Quelle-Mitarbeiter. Der Insolvenzverwalter könne nur für einen kleinen Teil der Betroffenen das notwendige Geld für die Unterbringung in einer Beschäftigungsgesellschaft aufbringen, sagte Görgs Sprecher. Hoffnung setze das Unternehmen aber auf ein Gespräch mit der bayerischen Landesregierung zu diesem Thema.

Ausländische Schwesterfirmen vor dem Aus

Unterdessen droht zahlreichen Schwester-Gesellschaften von Quelle offenbar bereits der Kollaps. Die Gesellschaften in der Schweiz, Österreich und mehreren osteuropäischen Ländern seien nur noch eingeschränkt lieferfähig, berichtete Die Welt unter Berufung auf eine mit den Vorgängen vertraute Person.

In manchen Bereichen könne gerade noch eine von drei Bestellungen ausgeführt werden, weil die Lager nicht mehr ausreichend mit Waren gefüllt seien. Folglich komme immer weniger Geld in die Kassen. Es drohten Folgeinsolvenzen, sollten die Quelle-Auslandstöchter nicht bis spätestens Mitte November einen Investoren finden, der neue Ware bestellen und auch bezahlen könne.

Gelinge die Investorensuche in den zwei bis drei Wochen nicht, wären dem Bericht zufolge die Auslandsgesellschaften kaum noch zu verkaufen. Mehrere hundert Arbeitsplätze wären demnach gefährdet.

Lieferfähigkeit eingeschränkt

In 17 Ländern gibt es Quelle-Auslandsgesellschaften, darunter Österreich, die Schweiz, Tschechien, Slowakei, Kroatien, Polen, Ungarn und Russland. Für sie müsse derzeit dringend die Waren bestellt werden, auch für die Frühjahrs- und Sommerkollektionen.

Der Sprecher Görgs bestätigte dem Bericht zufolge der Zeitung, dass die Lieferfähigkeit eingeschränkt sei, wollte aber keine Zahlen nennen. "Wir haben die Quote senken müssen, aber nur in einem Ausmaß, das im Versandhandel noch als vertretbar gilt", zitierte die Zeitung den Sprecher.

Görgs Konzept sei auf den vergangenen Dienstag ausgerichtet gewesen, an dem er eigentlich einen Käufer für die gesamte Primondo-Gruppe präsentieren wollte. "Hätte dieser Investor am vergangenen Dienstag dann die Bestellungen ausgelöst, hätte es keine Probleme gegeben", sagte der Sprecher.

Da sich kein Investor für die Gruppe fand, muss Görg den Angaben zufolge schnell die attraktiven Primondo-Teile verkaufen, etwa die Auslandsgesellschaften von Quelle, die Spezialversender und den Homeshoppingkanal HSE 24. Dem Bericht zufolge gibt es für diese Sparten offenbar zahlreiche Interessenten. Neben Finanzinvestoren sollen sich demnach die Versandhäuser Otto und Klingel für Primondo-Gesellschaften interessieren.

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