Arbeitswelt:Kommt ins Büro, hier riecht es so gut

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Was so gut aussieht, darf nicht schlecht riechen: Office im New-Work-Stil. (Foto: Dauphin HumanDesign Group/obs)

Eine Immobilienfirma hat einen speziellen Duft entwickelt, um Mitarbeiter zurück ins Büro zu locken. Erst Büropflanzen, dann Obstkörbe, nun Parfum - was kommt als Nächstes?

Von Paulina Würminghausen

Es gibt ja diese Redewendung "jemanden nicht riechen können". Schlimmer kann man eigentlich gar nicht ausdrücken, dass man eine Person nicht mag. Gerüche entscheiden Studien zufolge darüber, welche Freunde und sogar welche Partner man sich aussucht, sie speichern Kindheitserinnerungen und können einen in Sekundenschnelle in die Vergangenheit versetzen. Dieser Duft nach frisch gebackenen Keksen bei der besten Freundin, nach Reibekuchen bei Oma oder nach dem Erbrochenen von Mitschüler Jan-Peter auf dem Weg in die Skifreizeit. So etwas vergisst man nie.

Einige Firmenchefs haben sich nun gedacht: Was seit Jahrhunderten, nein Jahrtausenden in der Liebe funktioniert, das muss doch wohl auch im Büro funktionieren. Wieso versprühen wir nicht einfach einen angenehmen Duft - und schon kommen die Arbeitnehmer in Scharen aus ihrem Home-Office angekrochen?

Quasi als Geheimwaffe für Firmenchefinnen und -chefs, die keine Lust mehr haben, allein im Büro zu hocken. Schließlich sind Fachkräfte umkämpft und Obst im Büro ist auch schon lange kein Mitarbeitermagnet mehr. Dann also lieber Parfüm, das hat nicht so starke Möchtegern-Start-up-Vibes. Was nach einem Werbegag klingt, macht das Immobilienunternehmen Hines tatsächlich. Es hat einen speziellen Duft entwickelt, den es seit Ende vergangenen Jahres unauffällig in das Heizungs-, Klima- und Lüftungssystem seines Hauptsitzes in Houston pumpt. Offenbar ein Erfolg, denn in diesem Jahr wird der Duft in mehr als 20 weiteren Bürogebäuden und Apartmentkomplexen eingeführt, von Chicago und New York bis London und Delhi. Das "Eau d'office" sozusagen.

Das alles natürlich mit dem Hintergedanken, dass die Arbeitnehmer produktiver arbeiten. Ob dieser Plan vor allem deswegen aufgeht, weil die Menschen nicht mehr den Fahrradschweiß oder die nach Kippen und Kaffee duftenden Ausdünstungen ihres Sitznachbarn wegatmen müssen, ist nicht überliefert. Wäre aber wohl die einzig logische Erklärung.

Ein Duft, der Zugehörigkeit erzeugt

Jedenfalls hat die Firma sich viel Mühe gegeben, damit es auch wirklich wirkt. Über ein Jahr brauchte sie dem Wall Street Journal zufolge, um ihren Duft zu perfektionieren. Er enthält 35 (!) Inhaltsstoffe, darunter asiatischen Sambac-Jasmin (soll Glück und Selbstvertrauen steigern), indisches Sandelholz (um Ängste zu lindern) und italienische Kiefer (gegen Müdigkeit). Versagensängste, Red Bull und Deadline-Stress ade. Jede Note sei sorgfältig ausgewählt worden, "um sicherzustellen, dass das Betreten eines Hines-Raums ein Gefühl der Zugehörigkeit erzeugt", erklärt Co-Chefin Laura Hines-Pierce dem WSJ. Ein bisschen wie bei diesem schrecklich-süßen Geruch der Modekette Hollister, bei der man schon auf 50 Meter Entfernung die Geschäfte riechen kann.

Das Ganze macht das Unternehmen in Anlehnung an Luxusresorts - und ist damit Teil eines Trends: Manche Firmen wollen, dass sich der Besuch am Arbeitsplatz wie ein Tag im Spa anfühlen soll. Der Geruch gehört da selbstverständlich dazu.

Erst Büropflanzen, dann Obst, jetzt Parfüm. Aber warum hier aufhören? Wenn man im lauten Großraumbüro ein bisschen ins Träumen gerät, dann kann man einen Butler sehen, der aus einer edlen Essenshaube exquisite Häppchen serviert - und einem auch sonst alle nur erdenklichen Wünsche von den Lippen abliest. Ein einfühlsamer Mann, der gelegentlich Tee nachschenkt, fragt, ob man warme feuchte Handtücher benötigt (für den Arbeitsschweiß) oder ob mal wieder die Tastatur entstaubt werden müsste.

Denk- und also auch machbar wären Luxus-Limousinen, die einen zur Arbeit kutschieren und wieder zurück, samt Massagesessel und Minibar. Und der Concierge, der einem beim Betreten die Tür aufhält und die Arbeitstasche abnimmt. Vielleicht sind das nur Tagträume, wer weiß. Aber man wird ja wohl noch träumen dürfen. Irgendeine gute Seite muss der Fachkräftemangel ja haben.

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