Hartmut Mehdorn hat ein Faible für schwierige Jobs. 1999 wurde er Chef der Deutschen Bahn, die sich damals in einer schwierigen Lage befand. Zehn Jahre hielt er durch, als er abtrat, war er einer der bekanntesten deutschen Manager.
Anschließend übernahm er die Fluggesellschaft Air Berlin, die ebenfalls mit Verlusten kämpfte. Mit der Geste des Retters kaufte Mehdorn eine Woche vor seinem Amtsantritt 125.000 Aktien des angeschlagenen Unternehmens für insgesamt 300.000 Euro. Und nun übernimmt er mit 70 Jahren den Chefposten des Berliner Flughafens, Pannenprojekt und Milliardengrab.
Im Gegensatz zu seinem Vorgänger könnte er dem öffentlichen Druck und der Verantwortung, die er nun trägt, eher gewachsen sein - zumindest, wenn man den Eigenschaften glaubt, die Mehdorn über die Jahre zugeschrieben wurden: Er sei der "Lieblingsprügelknabe der Nation", schrieb etwa die SZ im Jahr 2009; kaum ein deutscher Manager "ist so häufig abgeschrieben worden, hatte so desolate Umfragewerte - und strotzte trotzdem so vor Selbstbewusstsein", schrieb Spiegel Online im gleichen Jahr. Mehdorn sagte selbstironisch über sich: Die kleinen Dicken seien für den Posten des Bahnchefs besser geeignet. "Wer ein dünnes Fell hat, wird nicht lange durchhalten."
Den Pro-Bahn-Verband bezeichnete er als "Pro-Mecker-Leute"
Dass er lange durchhalten kann, zeigen seine Jahre bei der Deutschen Bahn. Deren Chef wurde Mehdorn mit Unterstützung des damaligen Bundeskanzlers Gerhard Schröder (SPD). Um die Bahn zu einem lebensfähigen Unternehmen zu machen, brach er mit der traditionellen Erwartung, die Bahn sei eher dem Gemeinwohl als dem Profit verpflichtet. Mehdorn verschrieb der Gesellschaft einen Sparkurs, baute bis 2004 etwa 35.000 Stellen ab und kürzte Unternehmensbereiche.
Dies führte 2007 zu Warnstreiks und einem fast ein Jahr anhaltenden Tarifkonflikt mit der Lokführergewerkschaft GDL. Als "reinen Irrsinn" bezeichnete Mehdorn damals die Forderungen der Mitarbeiter auf mehr Lohn. Die Einigung kam erst zustande, als die Bahn mit der GDL einen separaten Vertrag aushandelte, der auch Streitigkeiten unter den verschiedenen Bahn-Gewerkschaften beilegte. Pannen an Zügen, Verspätungen und Kritik aus der Politik ließen Mehdorn kalt, den Fahrgastverband Pro Bahn etwa bezeichnete er lapidar als "Pro-Mecker-Leute".
Mehdorn verliert - und behält trotzdem das letzte Wort
Zu groß wurde selbst für Mehdorn die Datenschutzaffäre 2009: Damals wurde bekannt, dass die Bahn persönliche Daten der Mitarbeiter gesammelt und deren Mailverkehr mit kritischen Politikern, Wissenschaftlern und Journalisten systematisch herausgefiltert hatte. Außerdem hatte die Bahn während des Lokführerstreiks Mails von Gewerkschaftern zurückgehalten. Daraufhin verlor Mehdorn das Vertrauen der Belegschaft und der Politik. Nach zehn Jahren als Bahn-Chef trat Mehdorn zurück - und behielt das letzte Wort: Er habe sich "nichts Unrechtes vorzuwerfen", sagte er damals der Frankfurter Rundschau und bestand auf sein jährliches Gehalt von 750.000 Euro, bis zum vereinbarten Ende des Vertrages 2011.
Das nächste Rettungsprojekt übernahm Mehdorn 2011 mit dem Chefposten bei der angeschlagenen Fluggesellschaft Air Berlin. Er kürzte die Flugkapazität und ging eine Partnerschaft mit der staatlichen Fluggesellschaft der Emirats Abu Dhabi, Etihad, ein. Sie wurde so zum größten Einzelaktionär der deutschen Fluglinie und gewährte ihr einen Millionenkredit. Aus den Verlusten kam Air Berlin trotz Mehdorns Sparprogrammen nicht.
Dass sich Mehdorn davon unbeeindruckt nun dem BER widmet, mag auch an dem herzlichen Empfang liegen. Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer fand fast schon sakral anmutende Worte: "Ich bin sicher, Hartmut Mehdorn folgt auch ein Stück weit einer patriotischen Berufung, eine solche Herausforderung von nationaler Tragweite anzupacken und den BER zum Erfolg zu führen."
Ach, das macht Mehdorn sicher mit links.