Silicon Valley:Wir machen sie noch süchtiger

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"Ich habe geholfen, ein Monster zu schaffen", sagt Sean Parker, der erste CEO von Facebook. (Foto: Jens Wolf/dpa)

Das Silicon Valley spaltet sich gerade in technikverweigernde Veteranen und hypernervöse Start-ups, die Nutzer noch viel länger an die Geräte binden wollen.

Von Michael Moorstedt

Es ist immer wieder erstaunlich, wohin es die Menschen ihres Berufslebens wegen so verschlägt. Sean Parker, früher Investor und erster CEO von Facebook, ist inzwischen Chef eines von ihm gegründeten Krebsforschungsinstituts. Hin und wieder steigt er aber doch wieder in die Niederungen der Social-Media-Welt herab. Zum Beispiel letzte Woche. Da war er auf einem Podium in Philadelphia zu Gast und hier hinterließ er eine Menge zitierfähiger Sätze.

"Ich habe geholfen, ein Monster zu schaffen", gehört noch zu den harmloseren Einlassungen über seine ehemalige Firma Facebook. "Weiß Gott, was es den Gehirnen unserer Kinder antut" schon eher nicht mehr. Mark Zuckerberg und alle anderen Gründer-Halbgötter hätten die Bestätigungs-Feedbackschleife aus Postings, Likes und Kommentaren wohl wissentlich eingebaut, um eine Schwäche in der menschlichen Psyche auszunutzen. Die Plattformen mit ihren Apps seien gebaut worden, um so viel Zeit und Aufmerksamkeit wie möglich zu kosten.

Es lässt sich ohne Risiko behaupten, dass sie Erfolg hatten. Studien zufolge hat der Durchschnittsnutzer inzwischen täglich mehr als 2000 Interaktionen mit seinem Smartphone; Drücken, Tippen, Wischen, Liebkosen. Aus Gründen wie diesen formiert sich momentan ausgerechnet im Silicon Valley eine kleine, aber lautstarke und schnell wachsende Bewegung von Technikverweigerern. Neu ist, dass sie ihre Mitglieder nicht aus den üblichen besorgten Pädagogen rekrutiert. Stattdessen versammeln sich hier Industrie-Veteranen, die früher selbst bei Facebook oder Google gearbeitet haben.

Heutzutage programmieren sie Achtsamkeits-Websites und geben Tipps für den kalten Entzug. Sie installieren Apps auf ihren Telefonen und Computern, die eigentlich für die elterliche Überwachung von Kindern gedacht sind. Im Angesicht der vermeintlich übermächtigen Technik traut man sich offensichtlich selbst nicht mehr. Wer es sich leisten kann, lagert seine komplette Social-Media-Kommunikation komplett an eine externe Agentur aus.

Eine Gegenbewegung zur Gegenbewegung verspricht nun ein neues Start-up mit dem für das Silicon Valley eher ungewöhnlichen Namen "Dopamine Labs". Die Gründer haben ihr Unternehmen nach dem Neurotransmitter benannt, der im Gehirn bei Belohnungsmechanismen ausgeschüttet wird, und versprechen, dass bald jede beliebige App ähnlich oder sogar noch intensiver auf die Gehirne ihrer Nutzer wirken soll wie jetzt schon Facebook oder Instagram.

Dopamine wirbt auf der Webseite unverhohlen mit dem Satz "Macht ihre App noch suchterzeugender". Um mehr als 150 Prozent könne man die User-Interaktion - und damit auch die jeweiligen Werbeumsätze - steigern. Wie? Indem genau beobachtet wird, wie Anwender das jeweilige Programm nutzen. Eine KI-Software analysiert sämtliche Daten und entwickelt daraufhin eine individuelle Ansprache.

Ihre Software haben die Entwickler übrigens auf den Namen Skinner getauft. Eine Anspielung auf den amerikanischen Psychologen B. F. Skinner, der in Tierversuchen zur Verhaltenskonditionierung durch simple Belohnungen geforscht hat. Er hatte außerdem die Vision, dass auch die Menschheit durch die Konditionierung in einer utopischen Gesellschaft leben könnte. An die Dopamin-Dealer aus dem Silicon Valley hatte er dabei wohl eher nicht gedacht.

© SZ vom 13.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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