Negativzinsen bei Skatbank:Wer zu viel spart, zahlt drauf

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Als erste deutsche Bank verlangt die Skatbank Strafzinsen auf Guthaben von mehr als 500 000 Euro. Die Sparer zahlen damit die Zeche für die Rettungspolitik der Europäischen Zentralbank.

Ein Kommentar von Harald Freiberger

Wer zu viel spart, zahlt drauf

Nun ist es passiert, irgendwann musste es so kommen. Die erste Bank in Deutschland verlangt von Privatkunden einen Negativzins. Wer bei der Deutschen Skatbank seit 1. November mehr als 500 000 Euro auf einem Tagesgeldkonto anlegt, zahlt für den Betrag über dieser Summe einen Strafzins von 0,25 Prozent. Es ist die Umkehrung aller Werte; die Welt des Sparers, so wie man sie über Jahrzehnte gekannt hat, steht kopf. Der Sparer bekommt keinen Zins mehr dafür, wenn er Geld zur Bank trägt, er muss dafür Zinsen zahlen. Es wäre also günstiger für ihn, das Geld unter das Kopfkissen zu legen.

Die Bankenverbände bemühen sich, die Angelegenheit herunterzuspielen. Niemand müsse befürchten, dass es bald jedem Bankkunden genauso ergehen werde; dass er für jeden Euro, den er anlegt, noch Geld mitbringen muss. In der Tat spricht zunächst einiges dagegen. Die Skatbank, die Internet-Tochter einer Volksbank in Thüringen, ist zwar bundesweit tätig, aber doch ziemlich klein. Und die Anlagesumme ist ziemlich groß. 500 000 Euro hat kaum ein Sparer auf der hohen Kante. Zudem werde der Negativzins erst dann fällig, wenn die Gesamteinlagen des Kunden - unabhängig von der Anlageform - drei Millionen Euro überschreiten, teilte die Skatbank mit.

Wie andere Banken reagieren

Dass andere Banken oder Sparkassen schon bald auch niedrigere Beträge mit einem Strafzins belegen, ist eher unwahrscheinlich. Zu groß ist der Wettbewerb um die Privatkunden. Die erste Bank, die von normalen Sparern einen Negativzins verlangt, würde so viel Aufmerksamkeit auf sich ziehen, dass sie gleich zusperren könnte. Viele Kunden würden das Geld sofort zu einer anderen Bank tragen.

Was der Negativzins bewirken soll

Der Skatbank geht es vor allem darum zu verhindern, dass Großanleger und Unternehmen hohe Vermögen bei ihr liegen lassen. Das ist eine Folge der Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB), mit der diese seit Ausbruch der Finanzkrise 2008 versucht, den Absturz der Wirtschaft zu verhindern. Die Leitzinsen sind nahe null.

Im Juni hat die Notenbank sogar angefangen, von Banken auf kurzfristige Einlagen einen Strafzins zu verlangen, der mittlerweile bei 0,2 Prozent liegt. Sie will so verhindern, dass die Kreditinstitute Geld bunkern statt es an Unternehmen zu verleihen, die damit investieren und die Wirtschaft ankurbeln könnten.

Wer schon jetzt betroffen ist

Banken sind schon vor Wochen dazu übergegangen, diesen Strafzins weiterzugeben. Unternehmen, die viel Geld vorhalten müssen, um flüssig zu bleiben, berichten, dass einige Institute von ihnen dafür Zinsen verlangen. Auch Zinsen sicherer Geldanlagen sind bereits in den negativen Bereich gerutscht, zum Beispiel Bundesanleihen mit kürzeren Laufzeiten. Sie bescheren den Anlegern nicht nur real, also nach Abzug der Inflationsrate Verluste, sondern auch nominal, auf dem Papier. Anleger geben dem Bund und den Banken Geld dafür, dass sie ihnen Geld leihen und diese es sicher verwahren. Das ist wie eine Gebühr, die man in der Bank für einen Tresor zahlen muss.

Der Negativzins ist also bereits bei Privatanlegern angekommen. Und auch wenn nicht zu erwarten ist, dass Banken demnächst auch normales Spargeld mit einem Strafzins belasten, so geht die Entwicklung doch in diese Richtung. Die Konjunktur in Europa ist in den vergangenen Monaten noch tiefer in die Krise gerutscht. Die EZB wird ihre Niedrigzinspolitik deutlich länger fortsetzen müssen.

Je länger sie aber dauert, umso mehr kommen Banken in Bedrängnis. Schließlich haben sie 1,9 Billionen Euro Einlagen von Sparern eingesammelt. Wenn sie dafür bei der EZB 0,2 Prozent Strafzins zahlen, kostet sie dies im Jahr rechnerisch 3,8 Milliarden Euro.

Wer die Zeche für die Rettungspolitik der EZB bezahlt

Die Rechnung ist so zwar nicht eins zu eins richtig, doch sie zeigt den Mechanismus: Je länger die Banken selbst Strafzinsen zahlen müssen, umso mehr müssen sie diese an ihre Kunden weitergeben. Das gilt gerade für Institute, die einen großen Überhang an Einlagen haben, also mehr Spargeld hereingeholt als an Unternehmen und Privatleute verliehen haben. Sie werden den Strafzins im Laufe der Zeit an immer mehr Sparer mit immer kleineren Sparbeträgen weitergeben müssen - auch wenn die Bankenverbände noch das Gegenteil behaupten.

Die Tatsache, dass mit der Skatbank das erste Institut in Deutschland von Großanlegern einen Strafzins verlangt, hat deshalb mehr als symbolische Bedeutung: Sie zeigt, wer die Zeche für die Rettungspolitik der EZB bezahlt.

Nötig ist diese Geldpolitik, weil es Länder wie Italien und Frankreich nicht schaffen, dringende Reformen auf den Weg zu bringen und ihre Verschuldung in den Griff zu bekommen. Sie brauchen einen Leitzins nahe null, damit ihre Staatsverschuldung nicht noch weiter wächst und der Euro nicht auseinanderbricht. Die EZB ist eine Gefangene ihrer Politik, und die deutschen Sparer sind mitgefangen.

© SZ vom 03.11.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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