Nach dem Kauf der Steuer-CD:Die Jagd beginnt

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Mit dem Erwerb der Steuer-CD wartet viel Arbeit auf die Ermittler. Doch die Experten aus Bochum sind überlastet - jetzt soll die Staatsanwaltschaft Düsseldorf übernehmen.

Hans Leyendecker

Peter B. ist in diesen Tagen auf Reisen, der Leiter der Wuppertaler Steuerfahndung macht sich daran, die DVD mit Daten deutscher Kunden der Schweizer Bank Credit Suisse zu kaufen. Die Vorbereitungen solcher Übergaben sind aufwendig, aber der 60-jährige Steuerbeamte kennt das Geschäft.

Wenn das Finanzamt zweimal klingelt: Von Wuppertal aus wird das Großverfahren koordiniert. (Foto: Foto: AP)

Er hatte Mitte Juni 2007 von dem früheren Mitarbeiter der Vaduzer LGT Treuhand, Heinrich Kieber, die DVDs mit der Datensammlung über Hunderte deutscher Steuersünder erhalten. Kieber bekam damals im Gegenzug drei Verrechnungsschecks mit Beträgen zwischen einer und zwei Millionen Euro - insgesamt 4,2 Millionen Euro. Der pauschale Satz von zehn Prozent Steuern für solche Informationen war vorher abgezogen worden. Im Fall der Daten der Credit Suisse sollen 2,5 Millionen Euro gezahlt werden.

Die Vorgeschichte dieses geplanten Deals weist Parallelen zum Liechtenstein-Fall auf, und doch soll diesmal manches anders laufen. Mit ziemlicher Verbitterung haben die Steuerfahnder im Fall LGT registriert, dass der Name des Informanten rasch bekannt geworden war.

Eine Quelle ist eine Quelle, und die wird nicht verraten. Aber aus Kreisen der LGT war damals der Name des Datenhändlers ins Spiel gebracht worden. Kieber hatte bereit 2003 versucht, mit der Datensammlung die liechtensteinischen Behörden zu erpressen. Im Fall Credit Suisse scheint der Informant keine verdächtige Vorgeschichte zu haben, und dieser Umstand gibt den Fahndern Hoffnung, dass diesmal die Identität des Informanten nicht bekannt wird.

Die Aufarbeitung des neuen Falles zeichnet sich jetzt in Konturen ab. Noch in diesem Monat wird voraussichtlich eine Sonderkommission der Steuerfahnder mit der Auswertung der Daten beginnen. Die Zentrale wird das Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung in Wuppertal-Barmen sein.

Geplant sind Ermittlungen gegen inländische oder in Deutschland lebende Gehilfen der Credit Suisse wegen Verdachts der Beihilfe und Verfahren gegen die Haupttäter, die Steuern hinterzogen haben. Das kann dauern. Im Fall LGT betrug der Zeitraum von der Übernahme der DVDs bis zur Einleitung von Ermittlungsverfahren fünf Monate. Drei weitere Monate dauerte es bis zu den ersten Hausdurchsuchungen.

Es zeichnet sich ab, dass die Steuerstrafverfahren diesmal von der Düsseldorfer Staatsanwaltschaft aufgearbeitet werden. Die Großverfahren gegen Kunden des Liechtensteiner Treuhänders Herbert Batliner und gegen die Kunden der LGT-Bank wurden von der Bochumer Staatsanwaltschaft eingeleitet, die, ebenso wie die Behörde in Düsseldorf, eine Schwerpunktstaatsanwaltschaft ist.

Weil die Bochumer solche Großverfahren kennen, lag es also nahe, dass auch der neue Fall an die Strafverfolger der Revierstadt abgegeben würde. Dagegen sprach von vornherein, dass von den 590 eingeleiteten Verfahren im LGT-Fall bislang erst 191 erledigt sind. Die Bochumer hätten erhebliche Verstärkung aus dem Land benötigt, um auch ein neues Verfahren bewältigen zu können.

Düsseldorf hat aus Sicht der nordrhein-westfälischen Justiz sowohl Kapazitäten als auch das notwendige Personal. Intern ist die Entscheidung für Düsseldorf praktisch gefallen, die öffentliche Bestätigung steht noch aus. Wann im Credit-Suisse-Fall erste Aktenzeichen vergeben werden, ist unklar.

Da vermutlich die meisten Fälle nicht verjähren und auch niemand in Haft sitzt, soll jetzt erst der Datenträger ausgewertet werden, bis dann die Ermittlungen beginnen. Dazu gehört auch, dass die Angaben auf den Datenträgern mit den Steuerakten verglichen werden. Im Fall LGT hatte sich gezeigt, dass einige der Kunden durchaus steuerehrlich gewesen waren.

Harte Strafen für die Hinterzieher

Die Verlagerung des Falles nach Düsseldorf kann auch zu härteren Strafen führen - wenn es denn zu Anklagen kommen sollte. Das Landgericht in Bochum hatte sich ein Stück festgelegt. In einem Pilotverfahren hatte eine Kammer des Gerichts einen Kaufmann, der rund 7,6 Millionen Euro Steuern hinterzogen hatte, zu einer Bewährungsstrafe verurteilt.

Das war ungewöhnlich milde. "Wer in Deutschland Steuern hinterzieht, riskiert ohne weiteres eine unbedingte Gefängnisstrafe", heißt es in Schulungsmaterial, das die jetzt betroffene Credit Suisse vor Jahren Mitarbeitern präsentierte. Schon bei 500.000 Euro Steuerhinterziehung drohe in Deutschland eine Freiheitsstrafe ohne Bewährung. Das war dann doch etwas übertrieben.

© SZ vom 11.02.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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