Tarifvergleich:Deutsche Handytarife sind nur Mittelklasse

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Smartphone-Invasion bei den Filmfestspielen in Venedig: In Italien sind Mobilfunktarife im Vergleich recht günstig. (Foto: Cinzia Camela/dpa)

Wer hierzulande einen Mobilfunkvertrag abschließt, zahlt mehr als in anderen Industrieländern.

Von Helmut Martin-Jung

Na, mal wieder ein neuer Handytarif gefällig? Spaß geht ja irgendwie anders. Kaum irgendwo ist der Dschungel an Optionen so zugewuchert wie Deutschland, und natürlich ist ein Schuft, wer denkt, das diene bloß den Anbietern. Aber wie sieht's eigentlich aus bei den Preisen? Jeder kennt jemanden, der weiß, dass in diesem oder jenem Nachbarland Telefonieren und Surfen mit dem Smartphone viel günstiger ist als hierzulande. Der Branchenverband Bitkom hat das nun einmal systematisch in zwölf vergleichbaren Industrieländern untersucht. Deutschland landet bei dem Preis-Leistungs-Vergleich auf einem Mittelfeldplatz, für die Champions League reicht es also nicht, abstiegsgefährdet ist man aber auch nicht, die Sieger heißen Italien und Spanien.

Der Verband, der für den im April vorgenommenen Vergleich das darauf spezialisierte Unternehmen Tarifica engagierte, hat die zahlreichen Optionen bei Mobilfunkverträgen mit einer Laufzeit von zwei Jahren in sechs Kategorien von XS bis L mit 5-G-Option abgebildet. Beim kleinsten Tarif XS für Wenignutzer ist nur ein Gigabyte an monatlichem Datenvolumen enthalten, der größte umfasst mindestens 40 Gigabyte Volumen und ermöglicht auch den Zugang über das neue 5-G-Netz. Verglichen wurden im April dieses Jahres die online zugänglichen Tarife in Japan, Italien, Spanien, Südkorea, Österreich, Frankreich, Niederlande, Großbritannien, Finnland, der Schweiz, den USA und Deutschland.

Interessant sind dabei nicht bloß die absoluten Zahlen, sondern auch die Preisspanne zwischen den Angeboten der einzelnen Anbieter. Mit aufgenommen wurden neben den Netzanbietern selbst, in Deutschland also Telekom, Vodafone, Telefónica/O2 und 1&1, auch diejenigen, die Netze dieser Anbieter mieten, wie etwa die Discounter Aldi oder Lidl. In Deutschland ist der Preisunterschied zwischen den Anbietern in den meisten Fällen sehr klein - außer im Premiumsegment. Wenn es um mindestens 40 Gigabyte pro Monat und die 5-G-Option geht, ist in Deutschland der Unterschied zwischen dem günstigsten und dem teuersten Anbieter hingegen am größten. Beim günstigsten werden pro Monat etwa 27 Euro fällig, beim teuersten sind es 75 Euro pro Monat.

Letzterer toppt sogar den teuersten Tarif in der Schweiz, die bei den meisten Tarifvarianten zu den kostspieligsten Ländern gehört. Bei allen 5-G-Varianten ist es in der Schweiz im Vergleich zu allen anderen untersuchten Ländern am teuersten. Auch Länder mit gutem Netzausbau wie Südkorea gehören keineswegs zu den günstigen. Südkorea ist nur bei zwei der sechs Tarifvarianten günstiger als Deutschland, wenn auch nur ein wenig.

Mobilfunktarife sind in Italien und Spanien am günstigsten

Im Schnitt am günstigsten kommt man in Italien und Spanien weg. Spanien schneidet bei keiner der sechs Varianten schlechter ab als Platz drei, Italien landet nur einmal auf Platz vier, sonst entweder auf Platz eins oder zwei. Und was bedeutet das konkret in Euro? Das zeigen zwei Beispiele, immer gerechnet auf eine Laufzeit von zwei Jahren: Den Tarif XS mit einem Gigabyte pro Monat gibt es in Italien ab 2,60 Euro im Monat. In Deutschland werden dafür fünf Euro im Monat fällig. In den USA sind es allerdings 17 Euro, die Schweizer müssen dafür gut zehn Euro hinlegen.

Beim Tarif M mit zehn Gigabyte Datenvolumen und 5-G-Option liegen Italien und Spanien auf den Plätzen zwei und drei, Spitzenreiter ist das Vereinigte Königreich. Dort werden die Tarife mit zunehmender Leistung günstiger. In Großbritannien zahlt man für den günstigsten dieser Tarife gut 9,50 Euro pro Monat, in Italien und Spanien sind es mit rund zehn Euro nur unwesentlich mehr, in Deutschland aber bereits 20 Euro. In der Schweiz werden satte 69 Euro pro Monat fällig.

Da auch die Nachbarländer Frankreich oder die Niederlande sich etwa im selben Preiskorridor bewegen, sieht Bitkom-Präsident Achim Berg Deutschland gut im Rennen. Er wünscht sich stattdessen, dass die bürokratischen Hemmnisse abgebaut werden. Derzeit zum Beispiel komme man bei 1000 Mobilfunkmasten nicht weiter, mit schnelleren Verfahren müsse sich das ändern, fordert Berg.

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