Mietkosten:Studentenbude: 1300 Euro für 31 Quadratmeter

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Blick auf den Klingelkasten eines Studentenwohnheims des Kölner Studentenwerk. (Foto: Henning Kaiser/dpa)

In Städten wie München oder Frankfurt sind solche Preise mittlerweile normal. Besonders für Studenten wird das immer weniger bezahlbar. Neue Zahlen zeigen, wie teuer Wohnen und Studieren mittlerweile ist.

Von Jens Többen

Nicht nur zur Oktoberfest-Saison sind Münchner Studenten hohe Preise gewohnt. Regelmäßig heißt es in der bayerischen Landeshauptstadt: Die Miete erhöht sich erneut. Und das dürfte sich auch in den kommenden Jahren nicht ändern. So geht es aus dem Studentenwohnreport des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) im Auftrag des Finanzkonzerns MLP hervor. Dieser untersucht die Preissteigerungen in 38 großen Universitätsstädten und kommt zu einem klaren Ergebnis: Von München bis Kiel, egal ob WG, Wohnung oder Wohnheim - überall steigen die Kosten.

Man nehme eine Musterwohnung, 30 Quadratmeter. Im Jahr 2023 legt man dafür in München oder Frankfurt 700 Euro auf den Tisch. Wer sich selbst überzeugen möchte, kann in Portalen wie WG-Gesucht.de stöbern. Im Minutentakt trudeln neue Angebote und Gesuche ein: 31 Quadratmeter für 1300 Euro, wer kann da schon widerstehen? München und Frankfurt sind zugegeben die Extrembeispiele, die teuersten Studienorte. Die Mietkosten steigen aber laut Report in allen untersuchten Städten. Der Durchschnitt liegt allein für das vergangene Jahr bei 6,2 Prozent. Heftig ist es für Studenten in Heidelberg: Mit acht Prozent gehen die Mietpreise hier fast so steil nach oben wie der Philosophenweg.

Von WG bis Wohnheim - überall wird es teurer

Der Report zeigt, dass es auch über alle Wohnformen hinweg teurer wird. "Leider sind auch WGs kein richtiger Spartipp mehr", sagt Michael Voigtländer vom IW. Viele der WGs seien auch in den vergangenen Jahren weggefallen, da Vermieter die Wohnung lieber an Dauermieter gegeben hätten. Nur in ein paar wenigen Städten sind die Kosten für WGs gesunken, im allgemeinen Trend geht der Preis nach oben. Zu diesem Ergebnis kam auch das Moses-Mendelssohn-Institut (MMI), das im Frühjahr 94 Hochschulstandorte untersuchte. Die durchschnittlichen Kosten für ein WG-Zimmer liegen laut MMI bei 458 Euro.

Die erneut gestiegenen Kosten folgen einem längeren Trend und haben viele Gründe. Zum Beispiel ist die Zahl der Studenten in den vergangenen 15 Jahren um die Hälfte gestiegen, heute studieren 2,9 Millionen Menschen in Deutschland. Durch die Corona-Pandemie sind viele Studenten erst mal zu Hause wohnen geblieben, sie treibt es jetzt raus aus dem Elternhaus. Die Nachfrage auf dem Mietmarkt wächst auch, da Wohneigentum zu teuer wird und mehr Menschen auf Miete ausweichen. Währenddessen entwickelt sich das Angebot in den meisten Städten in die umgekehrte Richtung, nur in Chemnitz gab es 2023 mehr Angebote als im Vorjahr. Die einbrechende Bautätigkeit verschärft die Situation laut Voigtländer. Und dann kommen noch der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine und die hohen Energiekosten hinzu. Durchschnittlich zahlen Studenten 43 Prozent mehr für das Heizen. Die Inflation treibt die Lebenshaltungskosten in die Höhe, diese sind im Gleichschritt zu den Mietkosten gestiegen.

Die Inflation trifft natürlich nicht nur Studenten. "In ganz Deutschland erhöhen sich die durchschnittlichen Mietkosten", sagt Michael Voigtländer vom IW. "Insgesamt trifft es Studenten aber härter, da ihr Einkommen oft nicht so an die Inflation gekoppelt ist wie das anderer Arbeitnehmer." Auch der Bafög-Satz kann nicht mit den Mietkosten mithalten. Von den 360 Euro, die dort für das Wohnen vorgesehen sind, könnte man sich in München eine 14-Quadratmeter-Wohnung leisten, rein rechnerisch. Auch die Bafög-Erhöhung um sechs Prozent ist da nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Zudem wird die Option Studienkredit zunehmend unattraktiver. Der Zinssatz hat sich in den vergangenen zwei Jahren verdoppelt und liegt mittlerweile bei mehr als sechs Prozent.

Bundesprogramm "Junges Wohnen" fördert mit 500 Millionen Euro

Auch die Wohnheime der Studierendenwerke seien durch die Energiepreise getroffen worden, sagt Matthias Anbuhl, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Studierendenwerke. "Die durchschnittliche Warmmiete liegt immer noch unter dem Bafög-Satz", fügt er hinzu. Konkrete Zahlen zum Anstieg kann Anbuhl noch nicht nennen, das Redaktionsnetzwerk Deutschland stellte kürzlich Preiserhöhungen in den Großstädten fest. Bis zu 20 Prozent mehr soll demnach ein Wohnheimplatz in München kosten. Die Nachfrage übersteigt insbesondere dort das Angebot bei Weitem, aber auch in anderen Städten müssen Studenten viel Geduld mitbringen. In Münster liegen die Wartezeiten bei mehr als einem halben Jahr. Anbuhl erklärt, an elf untersuchten Standorten würden 35 000 Studenten auf einen Platz warten. Insgesamt bieten die Studierendenwerke knapp 196 000 Wohnplätze an. Zu lange sei zu wenig Geld in den Ausbau von Wohnheimplätzen geflossen. Ein neues Programm des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen soll das nun ändern. Das Programm trägt den Namen "Junges Wohnen" und fördert den Aus-, Um- und Neubau von Wohnheimen mit 500 Millionen Euro. Anbuhl bezeichnet das Programm als Lichtblick. Zehntausende Anträge seien schon eingegangen.

Voigtländer und Anbuhl begrüßen das Programm. Beide sind sich aber einig, dass es kurzfristig nichts an der Lage der Studenten ändern wird. Mittelfristig könnte sich die Kapazität der Wohnheime wieder erhöhen. In manchen Städten wie Magdeburg oder Chemnitz sind auch die Mietpreise noch im bezahlbaren Rahmen. Hier findet man immerhin eine 30 Quadratmeter-Wohnung für unter 300 Euro. Insgesamt wird sich die hohe Nachfrage auf dem Mietmarkt aber erst mal nicht entspannen. Allein in den vergangenen 24 Stunden sind wieder Hunderte Gesuche auf WG-Gesucht eingegangen. Und das nur in München.

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