Fernsehen:Berlusconi stockt bei Pro Sieben Sat 1 auf

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Von Rückzug keine Rede: Der frühere italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi Ende vergangenen Jahres. (Foto: Roberto Monaldo/AP)

Der italienische Medienunternehmer und Politiker kontrolliert jetzt mehr als 25 Prozent an Pro Sieben Sat 1. Was hat er vor?

Von Caspar Busse

Von Ruhestand will Silvio Berlusconi nichts wissen. Der inzwischen 85-jährige Medienunternehmer und Politiker - seit langem höchst umstritten und in Skandale verwickelt - mischt noch immer kräftig mit. Anfang dieses Jahres erst schickte Italiens Rechte Berlusconi ins Rennen um das italienische Präsidentenamt, wenn auch ohne Erfolg. Auch geschäftlich lässt der Mann, der seit Jahrzehnten polarisiert, nicht locker und greift jetzt nach dem deutschen Fernsehunternehmen Pro Sieben Sat 1.

Media For Europe (MFE) kontrolliere nun mehr als 25 Prozent der Stimmrechte an Deutschlands größtem privaten Fernsehunternehmen und sei damit mit Abstand größter Aktionär, teilte Berlusconis Holding mit. Das Paket ist derzeit 675 Millionen Euro wert, die Aktie hatte zuletzt wieder zugelegt und liegt jetzt bei knapp zwölf Euro. Media For Europe mit Sitz in Amsterdam wird von Berlusconis Sohn Pier Silvio und einem alten Vertrauten geführt und umfasst das Mailänder Fernsehunternehmen Mediaset und 56 Prozent von Mediaset España. Ziel soll es sein, einen europaweiten Fernsehanbieter zu schaffen. Rainer Beaujean, Vorstandschef von Pro Sieben Sat 1, ist nicht begeistert und pocht auf Unabhängigkeit. Es gebe "keine strategischen Gespräche über eine engere Kooperation", sagte er erst vor zwei Wochen.

Wenn die Italiener weiter kaufen, müssen sie ein Übernahmeangebot machen

Will Berlusconi nun Pro Sieben Sat 1 vollständig übernehmen? Kommt es auf der nächsten Hauptversammlung von Pro Sieben Sat 1 am 5. Mai zum Showdown? Die Lage ist unklar. Fest steht: Sollten die Italiener mehr als 30 Prozent der Aktien kontrollieren, müssten sie den übrigen Aktionären ein Übernahmeangebot machen, und das wäre teuer. "Das stehe aktuell nicht zur Debatte", meinen Insider, auszuschließen sei mittelfristig aber nichts. Gleichzeitig könnten die Italiener Anspruch auf einen Posten im Aufsichtsrat erheben.

Vorgesehen ist das bisher nicht, der ehemalige Springer-Vorstand Andreas Wiele soll im Mai neuer Aufsichtsratschef werden, auch der frühere RTL-Chef Bert Habets soll in das Gremium einziehen. Es habe zuletzt "sehr freundliche Gespräche" zwischen dem Berlusconi-Lager und Wiele gegeben, berichten Insider. "Die Zeichen stehen auf Annäherung", heißt es. Pro Sieben Sat 1 will sich derzeit nicht äußern. Auch Bertelsmann mit dem Konkurrenten RTL zeigte zuletzt Interesse an Pro Sieben Sat 1.

Der TV-Konzern aus Unterföhring mit Sendern wie Sat 1, Pro Sieben, Kabel 1 oder Sixx steigerte 2021 den Umsatz um elf Prozent auf den Rekordwert von 4,5 Milliarden Euro. Der operative Gewinn stieg um 19 Prozent auf 840 Millionen Euro. Der Konzern ist auch im Internetgeschäft. Der geplante Börsengang der Dating-Sparte wurde wegen der unklaren Folgen des Ukraine-Kriegs vorerst auf Eis gelegt.

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