Maja Göpel:Absage eines Shootingstars

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Der Plan hätte beiden Seiten Glanz verschafft, doch aus einer Zusammenarbeit Göpels mit dem DIW wird nun nichts. (Foto: Christian Charisius/picture alliance/dpa)

Die Bestsellerautorin Maja Göpel übernimmt doch keinen Posten am renommierten Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung. Sie plant stattdessen etwas Eigenes.

Von Alexander Hagelüken und Meike Schreiber

Die Bestsellerliste gibt ein eindeutiges Statement: "Wir können auch anders", Maja Göpels neues Sachbuch, steht aktuell auf Platz drei. Es verkauft sich gut, genau wie ihr Buch von 2020. Wenige schaffen es wie die Politökonomin, der Öffentlichkeit den nicht zuletzt ökologischen Umbruch der Gesellschaft so zu vermitteln, auch im TV oder auf Kongressen. Andere berufliche Dinge laufen volatiler: Göpel wird nicht wie geplant ein neues Center beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) leiten, erfuhr die Süddeutsche Zeitung. Sie konzipiert stattdessen ein eigenes Zentrum.

Dabei war es ein Plan, der beiden Seiten Glanz versprach. Die 46-Jährige Göpel sollte beim großen DIW ein "Center für Sozial-Ökologische Transformation" aufbauen, sickerte Ende Juli durch. Die Nachhaltigkeitsexpertin beleuchtet den nötigen Wandel in Wirtschaft und Gesellschaft, so stellte sich DIW-Präsident Marcel Fratzscher das vor - und erhoffte sich vom Shootingstar Göpel wohl auch Öffentlichkeitswirkung für sein Institut. Der Forscherin wiederum winkte eine prominente Plattform für ihr Wirken, nachdem das Engagement bei der Hamburger Denkfabrik The New Institute 2021 nach nur einem halben Jahr geendet hatte.

Beim DIW sahen manche Mitarbeiter Göpels Ankunft wenig freudig. Das Institut hat bereits eine Einheit "Zukunftssicherung und Nachhaltigkeit", in der Karsten Neuhoff die Klimapolitik verantwortet und mit Claudia Kemfert die vielleicht bekannteste Energieökonomin des Landes eine eigene Abteilung leitet. Es stand die Frage im Raum, ob Ressourcen zum neuen Center abwandern.

Intern sollen sich alle Abteilungsleiter bis auf einen gegen Göpel ausgesprochen haben, wird berichtet. Sie sei zwar eine sehr gute Kommunikatorin, arbeite aber zu wenig wissenschaftlich an den Sachthemen - und in der Kommunikation habe man ja schon gute Leute. Aus dem einflussreichen Kuratorium des Instituts tönte es, das DIW brauche niemanden, der nur in der Öffentlichkeit präsent sei, weil er zwei Bücher geschrieben habe.

Solche Kritik schlug Göpel schon anderweitig entgegen, und sie weist sie zurück. "Wissenschaftlich sauber arbeiten kann ich in unterschiedlichen Formaten", sagt sie der SZ. Die eloquente Expertin pocht darauf, dass Wissenschaft und Vermittlung sich nicht ausschließen, im Gegenteil. "Die Verbreitung von wissenschaftlichen Erkenntnissen ist doch in allen Förderprogrammen inzwischen Standard."

Es wird Göpel kaum begeistert haben, dass die internen Gespräche zwischen dem DIW und ihr nach außen drangen, gepfeffert mit Kritik an ihrer Person. Genauso entscheidend für ihre Haltung dürfte sein, dass sie von Anfang an verschiedene Jobmöglichkeiten prüfte und beim DIW nur unter bestimmten Bedingungen anfangen wollte. Öffentlich sagt sie zur Causa DIW nur: "Es war eine von mehreren Optionen, zu denen es Gespräche gab. Es gab Rahmenbedingungen, insbesondere strukturelle, die aus meiner Sicht für die Zusammenarbeit wichtig waren. Als sich die nicht erfüllen ließen, habe ich abgesagt."

Wenn eine geplante Zusammenarbeit vorschnell bekannt wird und dann scheitert, sieht das meist für beide Seiten unvorteilhaft aus. Für DIW-Chef Fratzscher ist es eine weitere schwierige Personalangelegenheit nach dem Gezerre um den Chefposten der Konjunkturabteilung, der inzwischen mit Timm Bönke gut, aber spät besetzt wurde.

Auf Nachfrage betont Fratzscher, die anstehende sozial-ökologische Transformation sei für sein Institut das übergreifende Thema "und wird in all unseren Abteilungen beleuchtet. Auch künftig werden wir geeignete Strukturen und Rahmen suchen." In welcher Form etwas aus dem geplanten Sozial-Ökologischen Transformationscenter wird, ist nun unklar.

Für Maja Göpel war die Causa DIW in diesem Sommer nur ein weiterer Aufreger. Im August berichtete die Zeit, dass ihr neues Buch ebenso wie der Bestseller von 2020 von dem Journalisten (und gelegentlichem SZ-Autor) Marcus Jauer mitverfasst wurde, der aber nach eigenen Angaben nicht genannt werden wollte.

Dem Erfolg des Buchs tut dies keinen Abbruch, und auch das DIW-Ding will Göpel offenbar rasch hinter sich lassen. "Eine wichtige Erkenntnis des vergangenen Jahres ist für mich, dass neue Ideen auch neue Strukturen benötigen", sagt sie in einem Videotelefonat. "Deshalb habe ich mich entschieden zu gründen." Und zwar ein neues Zentrum, Arbeitstitel "Mission wertvoll".

In Berlin angesiedelt, soll es kommendes Jahr die Arbeit aufnehmen. Geldgeber gibt es schon. Göpel will Wissenschaft, Politik und Pioniere aus der Wirtschaft zusammenbringen, um den Chancen einer Transformation in Richtung klimagerechter, nachhaltiger Wirtschaft die nötige Aufmerksamkeit zu geben.

Die Wissenschaftlerin selbst formuliert dazu weit klingendere Sätze: "Wir wollen eine Stimme für das Wirtschaften von Morgen sein." Erfolgreiches Wirtschaften müsse das Sozial-, Human- und ökologische Kapital einer Gesellschaft entwickeln. "Das Ziel für die Zukunft ist, höchstmögliche Lebensqualität mit geringstmöglichem ökologischem Fußabdruck zu verbinden."

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