Luftfahrt:Lufthansa will schneller unabhängig vom Staat werden

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Bald soll die Sicht wieder klarer werden. Lufthansa hofft auf bessere Zeiten. (Foto: Silas Stein/dpa)

Im Flugverkehr ziehen die Buchungen wieder an, die Geschäfte laufen allmählich besser. Das spürt auch Lufthansa. Vorstandschef Carsten Spohr will die Gelegenheit nutzen, um einen ungeliebten Aktionär loszuwerden.

Von Caspar Busse

Mit offenen Armen hatte die Lufthansa den Bund im vergangenen Jahr nicht gerade empfangen. Die Bundesregierung hatte die deutsche Fluggesellschaft in der Corona-Krise mit Milliarden unterstützt und sich auch mit etwa 20 Prozent beteiligt. Das war sehr nötig, stand Lufthansa doch angesichts eines dramatisch verfallenen Luftverkehrs nahe der Pleite. Trotzdem hatte Vorstandschef Carsten Spohr, schon immer bekannt als Gegner von Staatsbeteiligung an Fluggesellschaften, die Modalitäten des Einstiegs hart verhandelt.

Jetzt, weniger als ein Jahr später, gibt es vorsichtige Aussicht auf eine Erholung des Fluggeschäftes. Und Spohr nutzt die Gelegenheit und bereitet die Rückkehr in die Unabhängigkeit vor. Lufthansa habe vier Banken mit der Unterstützung bei einer möglichen Kapitalerhöhung beauftragt, teilte die Fluggesellschaft mit. Der Schritt war schon länger diskutiert worden, nun wird er konkret.

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Mit dem Erlös soll die Staatshilfe zurückgezahlt werden. Es gehe um die "Wiederherstellung einer nachhaltigen und langfristig effizienten Kapitalstruktur", so Lufthansa. Vorstand und Aufsichtsrat hätten aber noch keine Entscheidung über den Umfang und den Zeitpunkt einer möglichen Kapitalerhöhung getroffen. Zudem stehe die Genehmigung durch den Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) noch aus, an einem Ja wird aber kaum gezweifelt. Auf der Hauptversammlung Anfang Mai hatten die Lufthansa-Aktionäre bereits grundsätzlich eine Kapitalerhöhung genehmigt.

"Wir sind nicht zurück auf normal, doch es ist jetzt Zeit, zuversichtlich nach vorne zu schauen", sagte Spohr am Dienstag. Der Tiefpunkt der Krise liege hinter Lufthansa. Sinkende Infektionszahlen, mehr Impfungen und die Einführung eines digitalen Impfpasses sollen nun die Luftfahrt wieder in Schwung bringen. Die Buchungen würden langsam wieder anziehen, Lufthansa setzt auch wieder mehr Maschinen ein. 2024 soll sich die Luftfahrt wieder weitgehend erholt haben.

Lufthansa-Chef Carsten Spohr glaubt, dass der Tiefpunkt der Krise überwunden ist. (Foto: Robert Haas)

"Wir schalten um vom Krisenmodus in den Transformationsmodus", betonte Spohr. Gleichzeitig gab er neue Rendite- und Sparpläne bekannt. Die operative Marge soll 2024 bei mindestens acht Prozent liegen, ein für Lufthansa hoher Wert. Die Kosten sollen bis dahin im Vergleich zu 2019 um etwa 3,5 Milliarden Euro sinken. Die Hälfte davon soll bereits bis Ende 2021 erreicht sein. Schon bis 2023 sollen die Personalkosten um etwa 1,8 Milliarden Euro schrumpfen. Die Hälfte davon sei durch den Abbau von fast 26 000 Mitarbeitern seit Beginn der Krise bereits erreicht.

Die Staatshilfen werden mit der Zeit immer teurer

Nun sollen weitere Stellen gestrichen werden. In Deutschland will die Lufthansa die Personalkosten durch eine Kombination aus angepassten Tarifverträgen, freiwilligen Abgängen und betriebsbedingten Kündigungen senken. Dies entspreche einer Reduzierung um bis zu 10 000 Stellen, hieß es. Die Gespräche mit den Arbeitnehmern sind bei Lufthansa traditionell schwierig.

Besonders wichtig ist der Abbau der Staatshilfen. Sie sind nicht nur mit Auflagen verbunden, so dürfen etwa keine Dividenden ausgeschüttet werden. Sie sind vor allem auch sehr teuer, die Zinssätze für die Darlehen steigen im Laufe der Zeit deutlich an. Insgesamt hat Lufthansa von mehreren Ländern neun Milliarden Euro an möglicher Staatshilfe erhalten. Auf Deutschland entfielen insgesamt 6,8 Milliarden Euro. Davon hat die Airline-Gruppe erst gut zwei Milliarden Euro in Anspruch genommen und das zur Hälfte mit dem Geld aus neuen Anleihen schon wieder getilgt, so dass die Lufthansa dem Staat derzeit rund eine Milliarde Euro schuldet.

Mit einer Kapitalerhöhung in Milliardenhöhe könnte diese Summe schon früher als bisher geplant zurückgezahlt werden. Der Staat müsste dann auch sein Aktienpaket, für das er lediglich rund 300 Millionen Euro zahlte, bald verkaufen. Das wäre ein gutes Geschäft für den Bundesfinanzminister, denn die Beteiligung hat derzeit einen Marktwert von etwa 1,2 Milliarden Euro.

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