A380:Er ist wieder da

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Zwischenzeitlich sah es so aus, als hätte die "A380" den Start- und Landebahnen dieser Welt für immer die Heckflosse gekehrt. (Foto: Lex Rayton/imago)

Eigentlich wollte die Lufthansa von dem größten Passagierflugzeug der Welt nichts mehr wissen, obwohl es bei den Fluggästen außerordentlich beliebt ist. Plötzlich aber darf der A380 wieder fliegen.

Von Jens Flottau, Frankfurt

Für alle, die damit zu tun hatten, war dies ein ganz besonderer Flug. Am 29. März 2020 landete ein Airbus A380 der Lufthansa mit der Registrierung D-AIMM am Frankfurter Flughafen. Gut elf Stunden vorher war er in Bangkok mit 459 Passagieren und 24 Besatzungsmitgliedern gestartet. Es sah damals, ganz zu Beginn der Corona-Pandemie so aus, als sei dies der letzte Linienflug des Riesen-Airbus bei Lufthansa gewesen. Als würde der zeitweilige Stopp des Langstreckenverkehrs das endgültige Aus des Flugzeugtyps bedeuten. Die 14 Flugzeuge waren seither in Teruel in Spanien und Lourdes in Frankreich eingemottet und Konzernchef Carsten Spohr schloss eine Rückkehr bis vor Kurzem kategorisch aus.

Gut zwei Jahre später hat sich nun der Vorstand der Lufthansa in einem Brief an die derzeit wegen des ständigen Chaos an den Flughäfen schwer genervten Kunden gewandt. Natürlich haben sich darin Spohr und seine Kollegen noch einmal dafür entschuldigt, "dass das Hochfahren des komplexen Luftverkehrssystems von fast null auf derzeit wieder fast 90 Prozent nicht in der Verlässlichkeit, Robustheit und Pünktlichkeit gelingt, die wir Ihnen so gerne wieder bieten möchten". Wenn es dann im kommenden Jahr wieder besser läuft, dann soll nun doch auch wieder die A380 eingesetzt werden.

Dass Lufthansa, Flughäfen und Lieferanten davon überrascht worden sind, wie schnell und stark die Nachfrage nach dem Ende der meisten Reisebeschränkungen zurückgekehrt ist, kann jeder an den Airport-Warteschlangen bemessen. Davon haben zunächst die Kurz- und Mittelstrecken profitiert, doch mittlerweile ist auch die Langstrecke wieder hervorragend gebucht, und zwar zu Preisen, von denen die Airlines vor der Krise nicht zu träumen gewagt hatten. Damit, so glaubt zumindest die Lufthansa, ändert sich die Kalkulation auch für die A380.

Die Betriebskosten für einen A380-Flug waren zwar niedrig, aber die Ticketpreis mitunter auch

Lufthansa hatte vor der Pandemie 14 Maschinen des 500-Sitzers in der Flotte. Bei den Passagieren war die A380 immer äußerst beliebt. Sie schätzten den Komfort, den Platz und die Faszination. In einem solch riesigen Flugzeug zu reisen, spielte auch eine große Rolle. Richtig glücklich ist die Airline mit dem Riesen-Jet aber nie geworden. Die Betriebskosten waren zwar pro Sitz ein wenig niedriger als bei kleineren Langstreckenjets. Leider galt das aber bald auch für die Ticketpreise, denn bei jedem Flug musste die Airline 500 Sitze verkaufen, was ordentlich auf den Preis drückte. Unter dem Strich war die Rechnung nicht aufgegangen und als sich 2018 und 2019 das Wachstum im Langstreckengeschäft abschwächte, wurde die Flotte zu einer echten Belastung.

Daher war auch damals schon ihr Ende auf Raten beschlossen. Sechs A380 hat Lufthansa bei Airbus in Zahlung gegeben, als sie die kleinere und moderne A350 nachbestellte. Eine Teilflotte von nur acht Maschinen ist bei jedem Flugzeugmuster nur sehr schwer profitabel zu betreiben, daher war eigentlich absehbar, dass auch diese über kurz oder lang ausgemustert werden würden. Corona hatte die Entscheidung nur beschleunigt.

Für Spohrs Kehrtwende gibt es neben dem Nachfrageboom noch andere Gründe, und die sind in erster Linie in Seattle zu finden. 2021 sollte die erste Boeing 777-9 an Lufthansa ausgeliefert werden und dort nach und nach die ganz großen Muster wie die A380 und die Boeing 747 ersetzen. Von den 777-9 hat Lufthansa 20 Maschinen bestellt. Offiziell sollen sie nun 2025 ausgeliefert werden, weil Boeing massive Probleme bei der Zulassung hat. Gut möglich, dass es 2026 wird. Hinzu kommen 32 kleinere 787-9, von denen die ersten Exemplare längst in Frankfurt oder München eingesetzt werden sollten. Nun soll die erste mit Glück im August kommen - Boeing hat wegen Qualitätsmängeln seit zwei Jahren praktisch keine 787 mehr ausgeliefert.

Wegen eines Abfindungsprogramms während der Corona-Krise fehlen bereits viele Piloten

Da lag der Rückgriff auf die A380 und weitere kleinere A340-600 nahe, jedoch ist die Aktion aufwändig und kompliziert. Vier der acht A380 müssen erst noch sogenannte C-Checks durchlaufen, eine besonders intensive regelmäßige Wartung, nicht alle acht werden daher gleich zu Beginn des Sommerflugplans im April 2023 bereit sein. Unklar ist auch, wo die Maschinen stationiert werden, in Frankfurt oder München. Vor der Krise war die Flotte auf beide Drehkreuze aufgeteilt. Nun wird wohl mitentscheidend, wo am schnellsten Piloten aufzutreiben sind.

Derzeit sind nur 14 Piloten bei Lufthansa berechtigt, die A380 zu fliegen, alle anderen müssen entweder erst in den Simulator oder sind längst auf andere Muster umgeschult. Die A380 nach München zu geben, hätte den Vorteil, dass die dort stationierten A350-Piloten den großen Airbus-Jet auch noch mitfliegen könnten - der Tarifvertrag erlaubt das. In Frankfurt müssten viele Ehemalige, die eigentlich auf die 747 und 787 umgeschult sind, wieder zurückgehen, denn die A350 wird an Deutschlands größtem Flughafen gar nicht eingesetzt. Für die Personalplanung in jedem Fall ein Albtraum, fehlen doch jetzt schon unter anderem wegen eines großen Abfindungsprogramms, das während der Corona-Krise lief und nicht rechtzeitig gestoppt wurde, Piloten an allen Ecken und Enden.

Ob sich der ganze Aufwand am Ende rechnet, weiß niemand. Dafür müsste die Nachfrage auf den Langstrecken dauerhaft stark bleiben, trotz möglicher Rezession, trotz des Ukraine-Krieges und des gestiegenen Umweltbewusstseins. Für einen Sommer lohnt er sich auf keinen Fall. Wenn 2026 dann doch endlich die ersten 777-9 ausgeliefert werden, werden die Karten auf jeden Fall neu gemischt. Die älteste Lufthansa- A380 wäre dann allerdings immer noch erst 16 Jahre alt, die jüngste elf. Im Durchschnitt werden Flugzeuge nach 25 Jahren ausgemustert.

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