Urlaub:Early Bird schlägt Last Minute

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Wohin man in diesem Sommer auch reisen mag - dort sind wahrscheinlich auch schon viele andere Touristen, wie hier an einem Strand in Italien. (Foto: imago classic/imago images/YAY Images)

Je näher der Reisetermin rückt, desto günstiger wird der Urlaub? Von wegen. Wann der beste Zeitpunkt zum Buchen ist und was Spontan-Urlauber wissen müssen.

Von Sonja Salzburger

Manche packt das Fernweh ganz spontan. Imke Wessel, Inhaberin eines Reisebüros in Bielefeld, hat derzeit regelmäßig Kunden, die noch in der gleichen Woche in den Urlaub fliegen wollen. "Funktionieren tut das, und irgendwie wollen viele kurzfristig noch weg - aber die müssen halt richtig viel Geld bezahlen", sagt Wessel. Auch ihr Kollege Volker Mertens aus Gelsenkirchen bekommt derzeit vermehrt Anfragen nach Last-Minute-Reisen, er muss aber viele Kunden enttäuschen. "Zu den Vorstellungen und Wünschen, die Kunden aktuell haben, sind die alle nicht mehr realisierbar", berichtet der mobile Reiseberater. Stattdessen gibt es schlechte Flugzeiten, hohe Preise, und viele gut bewertete Hotels seien bereits ausgebucht.

Lange Zeit galt: Je näher der Reisetermin rückte, desto günstiger wurde es. Bevor Hotelzimmer leer blieben oder Flugzeugsitze unbesetzt, wurden sie zum Schnäppchenpreis verkauft. Doch diese Zeiten sind vorbei. "Das Problem ist, dass manche Leute noch immer nicht gemerkt haben, dass Early Bird Last Minute schlägt", sagt Marija Linnhoff, Vorsitzende vom Verband der unabhängigen selbstständigen Reisebüros (VUSR). Das liege an den fehlenden Kapazitäten, so Linnhoff. Noch immer sei das Angebot insgesamt kleiner als vor der Pandemie. Es gibt weniger Flüge und Hotelzimmer, und der Fachkräftemangel macht sich in der kompletten Branche bemerkbar.

Ein Tui-Sprecher ergänzt, dass bei vielen Hoteliers ein Umdenken stattgefunden habe. "Die haben gemerkt: Es kommt meistens auch kurzfristig noch jemand, der ein schönes Zimmer haben will. Deswegen nehmen sie die Preise nicht mehr so schnell zurück." Darüber hinaus hätten sich viele Urlauber bereits am Jahresanfang entschieden, wohin es in diesem Jahr gehen soll. "Das Frühbuchergeschäft ist auf dem Niveau von vor Corona, teilweise sogar drüber", so der Tui-Sprecher. Frühbucher sind in der Reisebranche besonders beliebt, sie sorgen für Planungssicherheit. Deswegen locken die Veranstalter zu Jahresanfang mit Rabatten.

Wer kurzfristig etwas sucht, sollte vor allem flexibel sein

Nicht nur Reiseveranstalter, die Pauschalreisen verkaufen, auch Ferienhausbesitzer freuen sich über eine gute Buchungslage für den Sommer. Nach Angaben der Ferienhaussuchmaschine Holidu mit mehr als 15 Millionen Wohnungen sind beispielsweise in Deutschland im Juli nur noch 15 Prozent der Unterkünfte verfügbar. Besonders beliebt ist die Ostseeküste in Schleswig-Holstein, hier sind für den kommenden Monat nur noch sieben Prozent der Ferienwohnungen frei. An der Nordsee und den Bayerischen Alpen sieht es ähnlich aus. Auch Mallorca ist begehrt und im Juli zu 87 Prozent ausgebucht. Der Anteil an Last-Minute-Buchungen für Ferienhäuser sei laut einer Holidu-Sprecherin in diesem Sommer aber leicht höher als im Vorjahr. 37 Prozent der Buchungen seien weniger als 30 Tage vor Check-in getätigt worden, ein Plus von fünf Prozent.

Vor allem Kunden mit kleinerem Geldbeutel dürften in diesem Sommer auf günstige Last-Minute-Deals spekulieren, denn die Reisepreise sind im Vergleich zu denen vor der Pandemie um 20 bis 25 Prozent gestiegen. Gleichzeitig registriert das Marktforschungsunternehmen Travel Data Analytics (TDA) aus Nürnberg, das auf Entwicklungen im Reisemarkt spezialisiert ist, in diesem Jahr bislang etwa 20 Prozent weniger Pauschalreisebuchungen als vor der Pandemie. Dies deutet darauf hin, dass einige Reisende von den hohen Kosten abgeschreckt sind.

Doch weiter abzuwarten und doch noch auf günstige Angebote zu spekulieren, ist keine gute Idee, da sind sich Branchenvertreter einig. "Aufgrund der schon sehr hohen Nachfrage wird es nicht bedeutend günstiger werden", sagt etwa eine Sprecherin vom Deutschen Reiseverband (DRV). "Die großen Last-Minute-Schnäppchen sind für den Sommer 2023 nicht zu erwarten."

Wer kurzfristig in den Urlaub will, sollte vor allem flexibel sein - sowohl, was die Reisezeit, als auch, was das Ziel und die Unterkunft betrifft. "Wer am Ende gar keine Präferenz hat und sagt: Sonne und 2000 Euro, der wird schon etwas finden", sagt der Tui-Sprecher. Aber diese Einstellung hätten heute nur wenige, die meisten Menschen hingegen hätten sehr genaue Vorstellungen von ihrem Urlaub. Viele seien auf bestimmte Destinationen festgelegt und hätten oft sogar Lieblingshotels. "Je differenzierter die Ansprüche sind, desto schwieriger wird es dann, kurzfristig noch etwas Günstiges zu bekommen", so der Tui-Mann. Schwierig dürfte es jetzt vor allem für Familien mit schulpflichtigen Kindern werden, die auf die Sommerferien angewiesen sind und deshalb nur begrenzt flexibel sein können. Familienzimmer seien in der Regel als Erstes ausgebucht.

Der deutsche Reiseverband empfiehlt allen, die noch keinen Sommerurlaub gebucht haben, sich im Reisebüro beraten zu lassen. "Die Expertinnen und Experten am Counter kennen den Markt und wissen, wo es noch preisgünstige Angebote gibt, und sie beraten entsprechend", heißt es beim DRV. Gut zu wissen: Im Reisebüro sind Pauschalreisen nicht teurer als auf anderen Vertriebskanälen wie beispielsweise Online-Plattformen oder Flughafenschaltern.

Wer lieber in ein Ferienhaus möchte, dem rät die Sprecherin der Ferienhaussuchmaschine Holidu, die Hoffnung nicht aufzugeben und regelmäßig im Internet nach Ferienhäusern zu suchen. Weil viele Anbieter in der Pandemie großzügige Stornierungsoptionen eingeführt haben, werden Unterkünfte häufiger storniert als früher, sodass auch kurzfristig etwas frei werden kann, sogar an besonders beliebten Reisezielen. Dann gelte es, schnell zu sein. Ferienhausvermieter würden berichten, dass stornierte Unterkünfte meist umgehend wieder gebucht werden. Leerstand gäbe es kaum, die Nachfrage sei groß.

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