Kündigung von Bausparverträgen:Der Bundesgerichtshof bricht mit einem Kernsatz des Rechts

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Er wälzt das Risiko bei Bausparverträgen von den Kassen auf die Kunden ab - entgegen dem klaren Vertragswortlaut.

Kommentar von Heribert Prantl

Der Bundesgerichtshof bricht mit einem Kernsatz des Rechts. Er heißt: Pacta sunt servanda - Verträge muss man halten. Dieser Kernsatz gilt für Mieter und Vermieter, für Arbeitgeber und Arbeitnehmer, er gilt für Bausparkassen und Bausparer. Der Satz lautet nicht, dass man Verträge nur so lange halten muss, als sie einem guttun.

Der Bundesgerichtshof hat es gestattet, dass Bausparkassen geschlossene Verträge einfach wieder abschütteln und ihren Altkunden einen Tritt geben dürfen, wenn und weil ihnen die Bausparverträge zu teuer werden. Das Risiko, dass die Zinsen sinken, tragen die Kassen. Der Bundesgerichtshof meint, dass sie es auf die Kunden abwälzen dürfen. Das ist nicht nur verbraucherunfreundlich, das ist falsch.

Wüstenrot und Co. haben vor fünfzehn, zwanzig Jahren die Bausparer mit üppigen Zinsen gelockt, mit Zinsen, von denen Sparer heute nur träumen können. Wer sich damals hat locken lassen und heute einen alten Vertrag mit den alten Hochzinsen hat, durfte sich richtig freuen.

Bankenfreundliche Winkelzüge

Aber dann kamen Wüstenrot und Co. und sagten, dass man doch so nicht gewettet habe. Sie, die Bausparkassen, hätten doch schließlich nicht gewusst, dass die Zinsen so rapide sinken werden. Also haben die Bausparkassen die alten Bausparverträge gekündigt. Das ist wirtschaftlich verständlich.

Nicht verständlich ist, dass die Bundesrichter den Bausparkassen recht geben - denn das ökonomische Interesse der Kassen ist doch nicht automatisch stärker als das Bestands- und Vertragserfüllungsinteresse der Sparer.

Der Bundesgerichtshof hat mit juristisch interessanten, bankenfreundlichen Winkelzügen das Recht der Verbraucher ausgehebelt. Das ist bedenklich. Denn es handelt sich um glasklare Verträge, bei denen hohe Zinsen nach dem objektiven Vertragstext Vertragsinhalt geworden sind. Es ist das Risiko der Bausparkassen, dass das Zinsniveau allgemein drastisch sinkt.

Der BGH stärkt die Stärkeren

Wüstenrot und Co. hätten von vornherein vorsichtiger sein müssen - und, zum Beispiel, eine befristete Laufzeit für den Hochzins vereinbaren können, um so ihr Risiko zu beschränken. Der Bundesgerichtshof ist nicht dafür da, die übertriebene Werbung der Bausparkassen und deren Unvorsichtigkeit beim Vertragsabschluss nachträglich für diese wohltätig zu korrigieren und zu reparieren.

Im ganz alten Recht, im römischen und im sogenannten gemeinen Recht, galt die Ansicht, dass jedem Vertrag eine "clausula" innewohne und ein Vertrag angepasst werden müsse, wenn Umstände sich entscheidend änderten.

Das Bürgerliche Gesetzbuch hat diese Ansicht aber nicht übernommen. Sie widerspricht dem Grund- und Kernsatz, dass Verträge zu halten sind. Nur ausnahmsweise kann ein Vertrag bei Wegfall der Geschäftsgrundlage gekündigt oder angepasst werden - im Fall von Krieg und Katastrophen. Der Zinsverfall ist nun zwar misslich, eine Katastrophe oder ein kriegsähnliches Ereignis ist er aber nicht.

Es ist schon eher eine Katastrophe, dass der Bundesgerichtshof den Bausparkassen ihr Risiko abnimmt. Der BGH stärkt die objektiv Stärkeren.

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