Gesundheit:Viele schleppen sich krank ins Büro

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Millionen Menschen haben laut dem Robert-Koch-Institut aktuell Atemwegserkrankungen. (Foto: Thomas Trutschel/photothek/imago images)

Die Hälfte der Beschäftigten erscheint trotz Krankheit in der Arbeit, manche selbst bei starken Symptomen und gegen ärztlichen Rat. Eine neue Umfrage zeigt noch weitere Mängel auf.

Von Roland Preuß

Jeder zweite Beschäftigte in Deutschland geht oft krank zur Arbeit, viele empfinden das Sitzen am Bildschirm als belastend und ein Großteil macht regelmäßig Überstunden. Das sind zentrale Ergebnisse einer Studie, welche die Techniker Krankenkasse (TK) vorgestellt hat. Eine weitere Erkenntnis: Vier von zehn Beschäftigten bekommen von ihren Führungskräften keine oder kaum Rückmeldungen über ihre Leistung. Der TK-Vorstandsvorsitzende Jens Baas sprach mit Blick auf den hohen Anteil der krank in Büro oder Werkhalle erscheinenden Beschäftigten von einem "beunruhigenden Ergebnis".

Die TK hatte zusammen mit dem Institut für Betriebliche Gesundheitsberatung (IFBG) in Konstanz zwischen 2018 und 2021 mehr als 11 000 Beschäftigte aus 43 Unternehmen und öffentlichen Einrichtungen befragt. Sie bestätigt, was viele Beschäftigte aus ihrem Berufsalltag kennen: Kolleginnen und Kollegen gehen trotz Grippe, Entzündungen oder anderen Leiden zur Arbeit. Besonders Frauen zeigten dieses in der Fachsprache "Präsentismus" genannte Verhalten, nämlich zu 56 Prozent, bei den Männern gaben dies immerhin 47 Prozent als gängiges Muster an. Ein Drittel von ihnen geht laut Studie trotz schwerer Symptome arbeiten.

Dies habe nicht nur Folgen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer selbst, weil sie Krankheiten verschleppten, erklärte Krankenkassen-Manager Baas, sondern auch für die Unternehmen, weil so Kollegen angesteckt würden und mehr Fehler passierten. Selbst der ausdrückliche ärztliche Rat, zu Hause zu bleiben, kann einen Großteil der Erkrankten nicht von dem abhalten, was sie offenbar als ihre berufliche Pflicht verstehen. Fast ein Drittel der Befragten arbeitet trotzdem: 7,5 Prozent sogar "häufig" oder "sehr häufig", 10,5 Prozent "manchmal", 13,5 Prozent "selten".

Die Corona-Pandemie habe hier eine gewisse Besserung gebracht, sagt der Studienleiter vom IFBG, Utz Niklas Walter. Es gebe die Tendenz, in der Corona-Zeit seltener krank zu arbeiten, allerdings ernährten sich die Beschäftigten auch schlechter und bewegten sich weniger - offenbar eine Folge des weit verbreiteten Home-Office, das ein Verlassen der eigenen Wohnung überflüssig macht.

TK-Chef Baas stellte den Übereifer der Erkrankten in einen Zusammenhang mit deren Arbeitsbelastung. Wer viele Überstunden mache oder allgemein zu wenig Zeit für seine Aufgaben im Job habe, der gehe auch häufiger krank zur Arbeit. Überstunden der Beschäftigten sind trotz - oder auch wegen der Corona-Krise und der weit verbreiteten Kurzarbeit - nach wie vor ein Thema. Rund ein Drittel der Befragten machen oft oder immer Überstunden.

Als besonders belastend empfanden die Befragten lange Zeiten am Bildschirm (56 Prozent), die Haltung, die sie beim Arbeiten einnehmen müssten (48 Prozent) sowie die Raumtemperatur (19 Prozent). Solche Ärgernisse könnten sie womöglich in einem ausführlichen Gespräch mit ihrer Führungskraft ansprechen, doch auch daran hapert es: Vier von zehn Befragten sagten, die Chefin oder der Chef sprächen nie oder nur selten mit ihnen über die Qualität ihrer Arbeit, nur jeder Vierte kam oft oder ständig darüber ins Gespräch.

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