Bestechung:Warum Korruption bekämpft werden muss

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Im Dezember vergangenen Jahres wurde sie vor allem durch Korruptionsvorwürfe bekannt: Eva Kaili. Sie ist eine griechische Politikerin und Mitglied des Europäischen Parlaments. (Foto: AP)

Aserbaidschan-Affäre, Katargate, Einflussnahme Russlands: Immer öfter werden Politiker bestochen. Das gefährdet die Demokratie - aber die Bundesregierung tue zu wenig dagegen, kritisieren Experten.

Von Markus Zydra, Frankfurt

Die Nichtregierungsorganisation Transparency Deutschland kritisiert Mängel an der Nationalen Sicherheitsstrategie der Bundesregierung. "Bei der Korruptionsbekämpfung greift die Sicherheitsstrategie leider zu kurz", sagt Alexandra Herzog, Vorsitzende von Transparency Deutschland. Die Bundesregierung müsste die nötigen Lehren aus der Aserbaidschan-Affäre, Katargate oder der Einflussnahme Russlands ziehen. Laut Herzog nähmen die USA das Problem ernster: Dort wurde die Korruptionsbekämpfung 2022 explizit als Priorität der Sicherheitspolitik genannt.

In diesen exemplarisch genannten "Affären" ging es um die gezielte Bestechung hiesiger demokratisch gewählter Politiker durch Drittstaaten. Vergangenes Jahr wurde bekannt, dass Qatar und Marokko zahlreiche EU-Parlamentarier mit Geldgeschenken bedacht haben. Sie erhofften sich so politische Rückendeckung. Die Aserbaidschan-Affäre betraf die Korrumpierung von Politikern im Europarat, darunter auch Bundestagsabgeordnete. Das autokratisch regierte Aserbaidschan konnte dadurch im Europarat 2013 die Verabschiedung einer Resolution verhindern, in der die Verhaftung von Oppositionellen im Land angeprangert werden sollte. Der Europarat ist die führende Menschenrechtsorganisation des Kontinents, die "Kaviar-Diplomatie" Aserbaidschans schadete ihrem Ruf massiv.

Russland wiederum, das in der Nationalen Sicherheitsstrategie auf absehbare Zeit als "größte Bedrohung" charakterisiert wird, gelang es im vergangenen Jahrzehnt, zahlreiche prominente frühere Regierungspolitiker mit lukrativen Posten in der Energiewirtschaft zu versorgen. Sie hatten das Ziel, diese zu beeinflussen, darunter war der hierzulande prominenteste: Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD). Erst nach dem Einmarsch Russlands in der Ukraine ist der Bundesregierung die Gefahr dieser "strategischen Korruption" so richtig bewusst geworden.

Unter strategischer Korruption versteht Transparency Deutschland die Nutzung von Korruption als außenpolitische Waffe. Diese Form der Korruption ist auf strategische, langfristige Einflussnahme ausgelegt und ein wesentlicher Bestandteil des nicht-militärischen Arsenals moderner Kriege. Das bezeichnet man auch als "hybride Kriegsführung". Korruption untergräbt das Vertrauen der Bürger in die demokratischen Institutionen und stellt deshalb eine unmittelbare Gefahr für die nationale Sicherheit dar. Deutschland ist als Wirtschaftsmacht und einflussreiches Mitglied der EU - neben den USA und den Europäischen Institutionen - ein Hauptziel dieser Form der Korruption durch autokratische Staaten.

Die Grundidee der Nationalen Sicherheitsstrategie ist es, erstmals alle inneren und äußeren Bedrohungen für die Sicherheit Deutschlands zu berücksichtigen. Dazu gehören neben der militärischen Bedrohung auch Cyber-Attacken, mögliche Anschläge auf kritische Infrastruktur und der Klimawandel.

Interpol möchte nach dem Motto "Follow the money" vorgehen

Was vielfach übersehen wird: Die internationale Umweltkriminalität erschwert die Erreichung der Klimaziele. Illegale Müllentsorgung, das Töten und der Handel mit geschützten Tierarten oder der kriminelle Holzhandel liegen in den Händen internationaler Mafiabanden. Es handelt sich weltweit um die drittgrößte kriminelle Aktivität, die jährlich mehrere Hundert Milliarden Dollar einspielt. Paramilitärische Gruppen und Söldnertruppen finanzieren sich zu 38 Prozent aus diesen Einkünften, berichtet Interpol - den Transfer dieser schmutzigen Gelder könnte man stoppen, indem man ihm folgt. Ganz nach dem Motto: Follow the money.

Deshalb haben die Finanzminister der G7-Staaten 2022 unter deutscher Präsidentschaft im Petersberg Kommuniqué ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Bekämpfung der Geldwäsche im Zusammenhang mit Umweltverbrechen zur Bekämpfung des Klimawandels und des Verlusts der biologischen Vielfalt beitragen könne.

Doch gerade bei der Geldwäschebekämpfung hapert es in Deutschland, wie die internationale Anti-Geldwäscheinstitution FATF in ihrem Bericht 2022 feststellte. Die Bundesregierung hat zwar versprochen, die Geldwäschebekämpfung zu verbessern, doch die Nationale Sicherheitsstrategie bleibt im Ungefähren. "Es geht aus dem Text nicht hervor, ob die Bundesregierung erwägt, eine Unexplained Wealth Order einzuführen, die wir befürworten", sagt der Transparency-Experte Mickael Roumegoux Rouvelle. Dies würde Roumegoux Rouvelle zufolge die deutschen Strafverfolgungsbehörden mit den notwendigen rechtlichen Befugnissen ausstatten. So könnten Sanktionen gegen die Elite autoritärer Länder, die in Korruption oder Menschenrechtsverletzungen verwickelt sind, wirksam umgesetzt und ihr Vermögen entzogen werden.

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