Konjunktur:Der Industrie brechen die Aufträge weg

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In energieintensiven Branchen wie der Kupferindustrie rechnet man längst mit Prioblemen. Inzwischen machen sich auch immer mehr andere Firmen Sorgen. (Foto: Deutsches Kupferinstitut/obs)

Deutsche Firmen bekommen den sechsten Monat in Folge weniger neue Orders. Vor allem das Geschäft im Inland und der Euro-Zone kriselt.

Die Weltkonjunktur schwächelt, es fehlt an Material, die Preise steigen: Die deutsche Industrie hat im Juli wegen zahlreicher Probleme bereits den sechsten Monat in Folge weniger Aufträge erhalten. Die Bestellungen fielen wegen der sinkenden Nachfrage vom Binnenmarkt und aus den Euro-Ländern um 1,1 Prozent niedriger aus als im Juni, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Die Zahlen waren damit noch schlechter, als von Ökonomen erwartet, die im Schnitt mit einem Minus 0,5 Prozent gerechnet hatten. Im Vergleich zum Vorjahr lagen die Bestellungen damit zuletzt um 13,6 Prozent unter dem Niveau vom Juli 2021.

Weder die Bundesregierung noch die Wirtschaft rechnen mit einer baldigen Wende zum Besseren, im Gegenteil: Volkswirten zufolge steuert Europas größte Volkswirtschaft auf eine Rezession zu. "Die Entwicklung der Nachfrage beim Verarbeitenden Gewerbe verlief angesichts des Kriegs und der hohen Gaspreise auch zu Beginn des dritten Quartals schwach", hieß es aus dem Wirtschaftsministerium. "Für die Industrieunternehmen bleibt der Ausblick auf das zweite Halbjahr gedämpft, was sich auch in einem abgekühlten Geschäftsklima und zurückhaltenden Exporterwartungen widerspiegelt." Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) rechnet ebenfalls mit einer Dauer-Flaute: "Lieferkettenstörungen, steigende Energiepreise und hohe Inflationsraten haben der Weltkonjunktur einen Dämpfer versetzt und lassen auch seit Jahresbeginn die Bestellungen von Monat zu Monat sinken", sagte DIHK-Konjunkturexperte Jupp Zenzen. "Das sind keine guten Aussichten für die exportorientierte deutsche Wirtschaft."

Die Bestellungen aus dem Inland nahmen im Juli um 4,5 Prozent ab. Dagegen legten Orders aus dem Ausland um 1,3 Prozent zu. Während hier die Nachfrage aus der Euro-Zone um 6,4 Prozent einbrach, zog das Neugeschäft mit dem restlichen Ausland um 6,5 Prozent an. "Dass das Minus ausschließlich aus dem Inland kommt, passt ins Bild, schließlich droht vor allem in Deutschland eine Energiekrise", sagte Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. Er rechne ab Herbst weiter mit einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts, also mit einer Rezession.

Schon im zurückliegenden zweiten Quartal hatte es nur noch zu einem Mini-Wachstum von 0,1 Prozent gereicht. Der Stopp russischer Gaslieferungen mache eine Energierationierung wahrscheinlich, warnte der Chefvolkswirt der VP Bank, Thomas Gitzel. "Selbst Unternehmen, die bislang noch guter Dinge waren, bekommen in solch einem Umfeld dann doch noch kalte Füße", sagte er. Zwar säßen die Unternehmen noch immer auf einem hohen Auftragsbestand, "doch das Risiko von Stornierungen wächst".

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