Großbritannien:God save the Ale

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Sollte das Bier im Königreich ausgehen, haben die Briten einen Plan B. (Foto: claudiodivizia/imago)

In Großbritannien wird die Kohlensäure knapp und damit bald vielleicht auch das Bier. Wie gut, dass die Engländer eine Alternative haben.

Von Alexander Mühlauer, London

Beim Fox & Duck an der Petersham Road kostet das Pint um die sechs Pfund. Für Londoner Pubs ist das vollkommen normal, aber wie es aussieht, dürfte es dabei nicht bleiben. Glaubt man den Gastro-Analysten von CGA, wird der Preis für ein Pint im kommenden Jahr auf 8,48 Pfund steigen, vielleicht auch mehr. Aus kontinentaleuropäischer Sicht wären das dann ziemlich genau zehn Euro für 0,5683 Liter Bier.

Klingt verrückt? Nun, dass die Inflation auch den Bierpreis nach oben treibt, war zu erwarten. Doch mehr als die Frage, wieviel ein Pint kosten darf, wird in Großbritannien eine weitaus grundsätzlichere Frage diskutiert, nämlich: Wird das Bier womöglich bald knapp? Die Pubs und Brauereien des Landes haben in dieser Woche jedenfalls schon Alarm geschlagen.

Verantwortlich für die Aufregung ist die Tatsache, dass immer weniger Kohlensäure produziert wird. Dazu muss man wissen, dass das dafür nötige CO₂ vor allem von Düngemittelherstellern kommt. Düngemittel sind nicht nur für fruchtbare Böden von Bedeutung, bei ihrer Herstellung entsteht auch ein Nebenprodukt, nämlich CO₂, das wiederum für Bier, Cola und andere Getränke unerlässlich ist.

Die Chefin des britischen Pub-Verbands sagt: Es könne "nicht schlimmer sein"

In dieser Woche kündigte nun der größte britische Düngemittelhersteller CF Fertilisers UK an, die Produktion im Werk Billingham "vorübergehend" einzustellen. Der Grund: die hohen Energiepreise. Aus Sicht von Emma McClarkin, der Vorsitzenden der britischen Beer & Pub Association, könne diese Entscheidung "nicht schlimmer sein". Dies werfe "ernsthafte Bedenken hinsichtlich der nachhaltigen CO₂-Versorgung der Brauerei- und Pub-Industrie auf".

Da Pubs ein bedeutender Teil britischer Kultur sind, meldete sich sogleich die Regierung zu Wort. Ein Sprecher forderte die Düngemittelproduzenten dazu auf, "alles dafür zu tun, um die Nachfrage zu befriedigen" - und zwar "im Interesse der Öffentlichkeit".

Großbritannien ist mit dem Kohlensäure-Problem nicht allein. So hat in dieser Woche auch der Düngemittelhersteller Yara mit Sitz in Norwegen angekündigt, die Produktion von Harnstoff und Stickstoffdünger auf Ammoniakbasis in Europa um 50 Prozent zu kürzen. Begründung: "rekordverdächtig hohe Preise".

In Polen erklärten gleich zwei Düngemittelhersteller, dass sie die Produktion einstellen. Die Brauerei Carlsberg Polska muss daraus bereits eine bittere Konsequenz ziehen. "Wir werden die Bierproduktion jeden Moment einstellen. Aber wir sind nicht die Einzigen. Wenn sie nicht über Anlagen zur eigenen CO₂-Produktion verfügen, werden die meisten Bierhersteller das Gleiche tun müssen", sagte eine Firmensprecherin dem Nachrichtenportal Politico.

Soweit ist es in Großbritannien noch nicht. Und wenn es tatsächlich dazu kommen sollte, gibt es hier immerhin eine Alternative: Ale. Anders als Lagerbier wird Ale nämlich ohne die Zugabe von Kohlensäure aus dem Fass gepumpt. Insofern: God save the Ale.

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