Künstliche Intelligenz an Elite-Uni:Eine Zwei in Mathe für die KI

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Ein bisschen Textverständnis, ein wenig Kopfrechnen, fertig: Der intelligente Gesprächspartner ChatGPT des US-Unternehmens Open AI hat an der Wharton School of Business in Philadelphia gut abgeschnitten. (Foto: John Greim/imago images)

Die Künstliche Intelligenz ChatGPT hat mittlerweile einige Examen absolviert, vergangene Woche kam dann noch ein MBA Kurs der renommierten Wharton School dazu. Sorgen machen müssen sich die Menschen deshalb aber nicht.

Von Max Muth

Der intelligente Gesprächspartner Chat GPT des US-Unternehmens Open AI hat bei einem wichtigen Examen der renommierten Wharton Business School die Note B bis B- erreicht, im deutschen System entspräche das in etwa der Note Zwei. Der deutsche Wharton-Professor Christian Terwiesch hatte dem Bot einige Fragen aus dem Abschlussexamen seines "Operations Management"-Kurses gestellt, die dieser überraschend gut beantwortete. Liest man das dazugehörige Whitepaper, dann gibt es für menschliche Intelligenz dennoch Grund zur Hoffnung.

Da wäre zum einen der Inhalt der von Terwiesch gestellten Fragen. Diese ähneln Sachaufgaben der gymnasialen Mittelstufe. So sollen die Schüler herausfinden, an welcher Stelle eines Erzgewinnungsprozesses sich der Flaschenhals einer Produktionsanlage befindet. Ein bisschen Textverständnis, ein wenig Kopfrechnen, fertig. Für Chat GPT kein Problem. Zwar müssen die Studierenden in einer weiteren Frage für die perfekte Antwort auch eine komplizierte Formel zur Berechnung von Wartezeiten kennen, doch wer wie die Künstliche Intelligenz die Formel nicht auf Anhieb kennt, und einigermaßen richtig rechnet, bekommt an der Elite-Uni immer noch eine befriedigende Note.

Eine der Fragen im Abschlussexamen der Wharton School im Kurs Operations Management. Die KI bestand mit Bravour. Die Antwort: Der zweite Reaktor ist der Flaschenhals der Anlage. (Foto: Screenshot: /https://mackinstitute.wharton.upenn.edu/)

Die erschreckende Erkenntnis von Terwieschs Studie an dieser Stelle hat also kaum etwas mit künstlicher Intelligenz zu tun. Sie lautet: Jeder deutsche Schüler, der die gymnasiale Mittelstufe überstanden hat, hat Chancen, das Abschlussexamen eines wichtigen Kurses eines der prestigeträchtigsten MBA-Programme der USA zu bestehen.

Wer nicht an der Tür scheitert, bekommt den Abschluss

Dass der Fall in den USA vergleichsweise hohe Wellen schlägt, ist verständlich, denn Wharton ein spezieller Fall. Das Institut gehört zur University of Pennsylvania, einer der acht sogenannten "Ivy League"-Schulen. Das Institut gilt als eine der Top-Adressen des Landes für die Ausbildung der künftigen Business-Elite. Unternehmenschefs, Berater, Banker. Elon Musk, Google-Chef Sundar Pichai, SEC-Chef Gary Gensler, Ivanka Trump, um nur einige zu nennen. Ihr Vater, US-Präsident Donald Trump, war zwar mal da, hat aber tatsächlich keinen MBA, sondern nur einen Bachelor gemacht.

Wie bei den allermeisten Eliteinstitutionen der Welt gilt auch bei den Ivy-League-Schulen der USA: Der härteste Test ist die Tür. Heißt im Umkehrschluss: Wer reinkommt, hat es eigentlich schon geschafft. Das Wichtigste, was die Schule ihren Absolventen mitgibt, ist nicht der Abschluss, sondern das Alumni-Netzwerk von ehemaligen Schülerinnen und Schülern, die heute in Regierung und Unternehmen über lukrative Jobs entscheiden. Noten sind in Wharton im Übrigen ziemlich egal. Unter Studierenden dort soll es die Abmachung gegeben haben, in späteren Bewerbungsprozessen die tatsächliche Abschlussnote nur im größten Notfall anzugeben. Das sollte die Experimentierfreude während des Studiums stärken, kann aber natürlich auch dazu einladen, nicht allzu gewissenhaft zu lernen. Dass auch eine Künstliche Intelligenz in diesem Umfeld mit etwas Unterstützung und gutem Willen einen Master of Business Administration erwerben kann, sollte keine Überraschung sein.

Als Anlass für alarmistische Kommentare über den Untergang des Bildungswesens taugt die Wharton-Geschichte also kaum. Dennoch zeigt sie, dass Künstliche Intelligenz auch im Bildungswesen künftig eine Rolle spielen wird - und findige Studierende eine Möglichkeit finden werden, sie gewinnbringend oder wenigstens arbeitssparend einzusetzen. Viel wichtiger ist deshalb die Frage, wie die künstlichen Helfer eingesetzt werden sollen. Auch dafür gibt es Input aus Wharton, von einem Kollegen Terwieschs. Der für Start-ups zuständige Wharton-Professor Ethan Mollick schreibt seit kurzem in seinen Kursen die Nutzung von ChatGPT vor. Um zu bestehen, müssen Studierende KI einsetzen. Doch wer sie falsch nutzt oder Fehler der Assistenten nicht erkennt, bekommt Punktabzüge. Mollicks Motto bei dem Kurs: "Wir können KI nicht besiegen, aber sie muss ja auch nicht uns besiegen."

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