Kaufhauskonzern droht Aus:Rüge für Arcandor-Eigner

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Kanzlerin Merkel übt Kritik: Arcandor präsentiere keine Zukunftsperspektiven. Hilfen aus dem Deutschlandfonds bekommt das Unternehmen nicht - eine Insolvenz wird immer wahrscheinlicher.

Mitten in den laufenden Beratungen über eine staatliche Rettungsbeihilfe für den Karstadt-Mutterkonzern Arcandor hat sich Bundeskanzlerin Angela Merkel skeptisch geäußert.

Die Lage für Arcandor und damit auch für die Unternehmenstochter Karstadt wird immer bedrohlicher. (Foto: Foto: AP)

"Was uns nach wie vor fehlt, ist eine Lösung seitens der Eigentümer", sagte Merkel. "Ohne eine Zukunftsperspektive ist die Inanspruchnahme staatlicher Hilfe überhaupt gar nicht denkbar."

Die nun zur Entscheidung anstehende Rettungsbeihilfe wäre an scharfe Auflagen und "erheblichen Personalabbau" gebunden, sagte Merkel. Sie wisse um die Sorgen der Mitarbeiter des Warenhaus- und Touristikkonzerns.

Keine Lösung auf Dauer

"Aber was wir nicht machen werden, ist Lösungen aufzeigen, von denen wir wissen, dass sie gerade mal vier, fünf, sechs Monate halten, aber letztlich keine Lösungen auf Dauer sind", sagte Merkel.

Die zuständigen Ministerien berieten am Nachmittag über die Vergabe der Rettungsbeihilfe. Einen Antrag Arcandors auf eine staatliche Bürgschaft und einen Kredit aus dem Deutschlandfonds zur Bewältigung der Wirtschaftskrise hatte die Regierung am Vormittag abgelehnt.

Arcandor hatte eine Bürgschaft in Höhe von 650 Millionen Euro und 200 Millionen Euro Kredit beantragt.

Die Entscheidung sei einstimmig gefallen, da wichtige Voraussetzungen für einen positiven Bescheid nicht vorgelegen hätten, sagte Otremba.

Noch nicht entschieden ist allerdings der Antrag auf eine Rettungsbeihilfe von 437 Millionen Euro. Darüber will die Regierung noch im Laufe des Montags beraten, wie das Wirtschaftsministerium mitteilte. "Man versucht, so schnell wie möglich eine Entscheidung herbeizuführen", sagte ein Sprecher des Ministeriums.

Kommt auch hier eine Absage, gilt eine Insolvenz von Arcandor als unausweichlich.

Entscheidung spätestens am Mittwoch

Der interministerielle Ausschuss wird über die Rettungsbeihilfe in Form eines Kredits entscheiden. Möglicherweise fällt eine Entscheidung erst an diesem Mittwoch. Das Bundeskabinett ist dabei nicht eingebunden. Die Zeit drängt: Eine Kreditlinie für Arcandor läuft an diesem Freitag aus.

Die Ablehnung der Hilfe aus dem Deutschlandfonds hatte sich bereits abgezeichnet. Der Lenkungsausschuss sei dem negativen Votum des Lenkungsrats gefolgt. Das ist ein Expertengremium, der Lenkungsausschuss selbst ist dagegen von der Regierung besetzt.

Auch die EU-Kommission hatte staatliche Hilfen für Arcandor abgelehnt , da bezweifelt wird, dass Arcandor erst durch die aktuelle Finanz- und Wirtschaftskrise in Schieflage geraten ist.

Arcandor scheiterte mit seiner Bitte um staatliche Unterstützung, weil das Unternehmen schon vor dem Stichtag 1. Juli 2008 in Schwierigkeiten war, erläuterte Regierungssprecher Thomas Steg.

Die Regierung hatte es zur Bedingung gemacht, dass nur jene Unternehmen Geld aus dem Deutschlandsfonds erhalten, die infolge der Finanz- und Wirtschaftskrise in Schieflage geraten waren.

"Jetzt geht es darum, den zweiten Antrag wirklich mit der nötigen Solidität und Gewissenhaftigkeit zu prüfen", sagte Steg. Er betonte, die Regierung bemühe sich, zu einer Lösung für Arcandor beizutragen.

Bund sieht Anteilseigner in der Pflicht

Allerdings äußerte Steg auch grundsätzliche Vorbehalte, denn der Bund pocht bereits seit Tagen auch auf mehr Engagement der Eigentümer. Es sei nicht einzusehen, dass die öffentliche Hand Risiken übernehmen solle, wenn es von den Eigentümern kein klares Signal und keine Antworten gebe, wie sie für die Zukunft von Arcandor einstehen, sagte Steg weiter.

Schon am Wochenende hatte sich Arcandor auf die Rettungsbeihilfe von 437 Millionen Euro konzentriert. Werde sie nicht gewährt, müsse man noch am Montag Insolvenz anmelden, hieß es am Sonntag aus dem Unternehmen. "Wenn wir wider Erwarten zu keiner Lösung kommen, die auch eine staatliche Unterstützung beinhalten müsste, dann wüssten wir am Montag, dass wir am Freitag nicht zahlen können", sagte ein Unternehmenssprecher. "Und dann müssten wir am Montag Insolvenzantrag stellen."

Kapital für sechs Monate

An der Börse sorgte das am Montagmorgen für Ausverkaufsstimmung: Die im MDax für mittelgroße Werte enthaltenen Arcandor-Papiere brachen fast um ein Drittel ein.

Mit dem Rivalen Metro hatte sich Arcandor am Sonntag darauf verständigt, die Möglichkeiten einer Deutschen Warenhaus AG auszuloten.

Aus der Bundesregierung waren entsprechende Forderungen gekommen. Damit rückt eine Fusion der Warenhäuser Kaufhof und Karstadt näher.

Mit dem Geld aus dem beantragten 437-Millionen-Euro schweren Notkredit könnte Arcandor sich noch einmal Luft für sechs Monate verschaffen, um das operative Geschäft am Laufen zu halten. Auf diesen Zeitraum wäre die Hilfe befristet.

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