Einzelhandel im Umbruch:Karstadt und Kaufhof wollen fusionieren

Die Spitzen von Karstadt und Kaufhof verhandeln nun doch über einen Zusammenschluss - beharren aber auf Nothilfe vom Staat.

Stefan Weber und Michael Bauchmüller

Der Arcandor-Konzern hat am Wochenende den Widerstand gegen eine Fusion seiner Warenhaustochter Karstadt mit dem Konkurrenten Kaufhof aufgegeben. Arcandor-Chef Karl-Gerhard Eick und der Vorstandsvorsitzende des Metro-Konzerns, Eckhard Cordes, verständigten sich am Sonntag bei einem kurzfristig angesetzten Treffen, schon in dieser Woche Verhandlungen über ein Zusammengehen von Karstadt mit der Metro-Tochter Kaufhof aufzunehmen.

Arcandor-Demo in Hamburg, AP

Demo in Hamburg: Rund 1200 Menschen gingen für den angeschlagenen Arcandor-Konzern auf die Straße.

(Foto: Foto: AP)

Die Vorstellungen beider Unternehmen über einen möglichen Kaufpreis und die Zahl der bei einer Fusion zu schließenden Warenhäuser liegen nach Angaben unternehmensnaher Kreise allerdings noch weit auseinander. Aus diesem Grund wird nicht ausgeschlossen, dass die Gespräche am Ende noch scheitern. Derzeit betreiben Kaufhof und Karstadt gemeinsam 206 Warenhäuser.

Konkrete Erklärung zurückgezogen

Für Irritationen sorgte am Sonntagabend auch die Rücknahme einer offiziellen Metro-Erklärung. Der Handelskonzern hatte Aussagen über einen mit Arcandor vereinbarten konkreten Verhandlungsplan zu einer Deutschen Warenhaus AG zurückgezogen. Es seien nur allgemein Möglichkeiten diskutiert worden, sagte ein Sprecher.

Mit der Annäherung an Metro erfüllt Arcandor Forderungen der Politik. Die drohende Insolvenz ist durch ein Zusammengehen mit Kaufhof jedoch nicht abgewendet. Der Arcandor-Konzern, zu dem neben Karstadt auch der Quelle-Versand und das Reiseunternehmen Thomas Cook gehören, fordert nach wie vor staatliche Unterstützung. Die Situation ist so angespannt, dass das Unternehmen am Freitag die Mietzahlungen an die Eigentümer der Kaufhaus-Immobilien eingestellt hat.

Sollte die Bundesregierung den beantragten Notkredit über 437 Millionen Euro ablehnen, muss Arcandor nach eigenen Angaben noch am Montag Insolvenz anmelden. Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi appellierte an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), sie möge Arcandor nicht fallenlassen. "Ohne die Hilfe der Politik geht es nicht", sagte Verdi-Vorstand Margret Mönig-Raane. Am Montag tritt der Lenkungsausschuss des Deutschlandfonds zusammen. Er soll entscheiden, ob das Unternehmen Krisenbeihilfe erhält. Da Arcandor schon vor der Finanzkrise in Nöten war, gilt eine Hilfe aus dem Fonds als unwahrscheinlich.

Kanzlerin Merkel zeigte sich zurückhaltend gegenüber der Forderung nach Staatshilfen. "Wir können nicht zulassen, dass der Steuerzahler dafür einspringen muss, dass andere eine Misswirtschaft betrieben haben und heute nicht für den Schaden eintreten wollen", sagte sie bei einer Wahlveranstaltung. Sowohl die Kanzlerin als auch Vize-Kanzler Frank-Walter Steinmeier (SPD) forderten eine stärkere Beteiligung der Arcandor-Eigentümer an der Rettung. Dazu sind die beiden Großaktionäre, das Bankhaus Sal. Oppenheim und die Quelle-Erbin Madeleine Schickedanz, offensichtlich bereit. Statt der bisher in Aussicht gestellten Kapitalerhöhung um 100 Millionen Euro würden sie auch 150 Millionen Euro einbringen, hieß es.

Unterdessen gerät der frühere Arcandor-Chef Thomas Middelhoff, der den Konzern fast vier Jahre lang führte, im Zusammenhang mit Immobiliengeschäften in Bedrängnis. Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) hat ihre nordrhein-westfälische Amtskollegin Roswitha Müller-Piepenkötter (CDU) gebeten, ein Ermittlungsverfahren gegen Middelhoff einzuleiten. Das soll klären, inwieweit der frühere Konzernchef als Privatanleger von den überhöhten Mieten, die Karstadt an Fondszeichner zahlen musste, profitiert hat.

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