Kaufhauskonzern droht Aus:Arcandor: Der Staat sagt nein zu Nothilfe

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Gehofft, gebangt - und dennoch in die Insolvenz? Für Arcandor wird das Horrorszenario immer wahrscheinlicher, denn der Bund will keinen Notkredit gewähren. Doch der Konzern gibt nicht auf - und will heute einen nachgebesserten Antrag vorgelegen.

C. Hulverscheidt, S. Weber u. M. Bauchmüller

Bund und Länder haben sämtliche Anträge des Karstadt-Mutterkonzerns Arcandor auf Staatshilfe abgelehnt. Zur Begründung hieß es, Aktionäre, Banken und Warenhausvermieter seien nicht bereit gewesen, sich im notwendigen Maße an einer Rettungsaktion zu beteiligen. Arcandor will nun einen neuen Antrag stellen. Scheitert auch dieser Versuch, muss das Unternehmen Insolvenz anmelden.

Stiller Protest: Mitarbeiter kämpfen für Karstadt, doch die Lage wird immer bedrohlicher. (Foto: Foto: ddp)

Aus dem Bundesfinanzministerium verlautete, keiner der an den Verhandlungen Beteiligten habe auch nur annähernd die für Staatshilfen erforderlichen Zusagen gemacht. So reiche die von den Arcandor-Hauptaktionären - der Privatbank Sal. Oppenheim und der Quelle-Erbin Madeleine Schickedanz - versprochene Kapitalerhöhung in Höhe von 150 Millionen Euro nicht aus. Die Gläubigerbanken wiederum hätten erklärt, sie seien selbst dann nicht in der Lage, die notwendigen Kredite bereitzustellen, wenn der Bund für diese zu 100 Prozent bürge. Außerdem seien die Eigentümer der von Karstadt genutzten Warenhäuser nicht zu einer deutlichen Senkung ihrer überhöhten Mietforderungen bereit gewesen.

Mangelhafter Zukunftsplan

Die Arcandor-Führung hatte zuvor erklärt, dass sie im Falle einer Ablehnung ihrer Anträge noch in dieser Woche Insolvenz anmelden müsse. Als einziger Ausweg bleibt dem Unternehmen nun ein neuerliches Darlehensgesuch, über das bis Mittwochmorgen verhandelt werden soll.

Ein verbesserter Antrag solle möglichst bereits an diesem Dienstagvormittag vorgelegt werden, erklärte Arcandor. Ziel sei es, "alle Möglichkeiten für eine weitere Aufstockung der Zusagen auszuloten und das Verfahren offenzuhalten". In Regierungskreisen hieß es jedoch, der bisherige Antrag weise derart große Mängel auf, dass es kaum vorstellbar sei, dass diese binnen weniger Tage vollständig beseitigt werden könnten.

Die Karstadt-Mutter hatte den Bund zunächst gebeten, ihr aus dem sogenannten Deutschlandfonds ein Darlehen über 200 Millionen sowie eine Bürgschaft über 650 Millionen Euro zu gewähren. Als die Gespräche ins Stocken gerieten, beantragte das Unternehmen zudem eine Rettungsbeihilfe der staatseigenen Förderbank KfW in Höhe von 437 Millionen Euro.

Der Deutschlandfonds steht nur solchen Firmen offen, die wegen der Wirtschaftskrise und nicht durch eigene Fehler in Schwierigkeiten geraten sind. Um Rettungsbeihilfen können auch alle anderen Unternehmen nachsuchen. Die zuständigen Regierungsausschüsse von Bund und Ländern lehnten jedoch beide Anträge ab. "Hätten wir zugestimmt, hätte das bedeutet, dass wir in einem halben Jahr vor den gleichen Problemen gestanden hätten - aber um 437 Millionen Euro ärmer", hieß es in den Kreisen.

Die Gespräche zwischen Arcandor und dem Konkurrenten Metro über eine Fusion ihrer Warenhausketten Karstadt und Kaufhof könnten allerdings auch bei einem Konkurs weitergehen. Metro hatte zuvor erklärt, die Tür bleibe offen. Nach Angaben aus Verhandlungskreisen verlangt Arcandor allerdings, dass Metro alle 91 Karstadt-Häuser übernimmt. Metro ist jedoch nur an 60 Filialen interessiert.

In Berlin hatten am Nachmittag Oberbürgermeister aus allen Städten mit Karstadt-Filialen für den Erhalt der 91 Warenhäuser geworben. Anderenfalls drohten die Innenstädte Schaden zu nehmen, erklärten sie.

Die Arcandor-Aktie brach nach Bekanntwerden der Regierungsbeschlüsse um 44 Prozent ein.

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© SZ vom 9.6.2009/mel - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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