Kartellamt und Preisabsprachen:Großrazzia bei Rewe und Edeka

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Das Kartellamt greift durch: Ein Schwarm von Ermittlern hat bundesweit Dependancen von 15 Firmen durchsucht - auch Rewe und Edeka sind betroffen.

Mehr als hundert Ermittler sind im Einsatz: Das Bundeskartellamt hat die Geschäftsräume von elf deutschen Einzelhandelsunternehmen und vier Markenartikelherstellern durchsuchen lassen. Es bestehe der Verdachts illegaler Preisabsprachen bei Süßwaren, Kaffee und Tiernahrung, teilte die Wettbewerbsbehörde mit. Verfahren gegen weitere Handelsunternehmen seien eingeleitet worden.

Das Kartellamt rückt mehreren Markenherstellern und Einzelhandelsunternehmen auf die Pelle, unter anderem Rewe. (Foto: Foto: AP)

An der Durchsuchung beteiligten sich 56 Mitarbeiter des Bundeskartellamtes und 62 Polizeibeamte. Im Visier der Ermittler waren dabei neben einigen Herstellern von Markenartikeln aus dem Konsumgüterbereich vor allem Unternehmen des Lebensmittelhandels, Drogeriewarenmärkte und Tierbedarfshändler.

Aufklärung wird belohnt

Der Verdacht der Behörde: Die Markenartikelhersteller sollen sich mit den Händlern über die Gestaltung der Endverbraucherpreise abgestimmt haben. Dies wäre der Wettbewerbsbehörde zufolge ebenso verboten wie etwa Herstellerkartelle und könnte mit Geldbußen geahndet werden.

Die Behörde kündigte an, sie werde bei der Verhängung von Geldbußen berücksichtigen, inwieweit Unternehmen oder Personen bei der Aufklärung der Vorwürfe mit dem Kartellamt zusammengearbeitet hätten.

Von der Durchsuchungsaktion ist auch Deutschlands größter Handelskonzern Metro betroffen. Es gebe derzeit eine Untersuchung gegen die Metro, bestätigte ein Sprecher. Der Konzern kooperiere dabei in vollem Umfang. Das Verfahren stehe aber noch ganz am Anfang. Ein Sprecher der Metro-Tochter Real sagte, das Unternehmen sei nicht von der Durchsuchung betroffen.

Edeka und Rewe betroffen

Auch die Geschäftsräume der beiden größten deutschen Lebensmittelhändler Edeka und Rewe wurden durchsucht. Das bestätigten Sprecher beider Unternehmen.

Die Edeka-Sprecherin sagte: "Wir arbeiten in vollem Umfang mit dem Kartellamt zusammen." Rewe bestätigte lediglich die Durchsuchung, wollte den Vorgang aber nicht weiter kommentieren.

Auch die Zentrale von Lidl in Neckarsulm sei durchsucht worden, teilte ein Sprecher mit. Nähere Details nannte er aber nicht.

Ins Visier der Kartellwächter geriet auch bei die Drogeriemarktkette Rossmann. Beamte des Kartellamtes und der Kriminalpolizei seien im Haus, bestätigte ein Sprecher des Unternehmens in Großburgwedel bei Hannover. Sie suchten in den Einkaufsabteilungen nach Hinweisen.

Durchsuchungen bei Kaffeeherstellern

Die Wettbewerbshüter haben bereits seit geraumer Zeit ein Auge auf die Lebensmittelbranche und den Einzelhandel geworfen. In der Vergangenheit hatte es unter anderem Durchsuchungen bei Kaffee-und Süßwarenherstellern gegeben.

Im Fall der Kaffee-Untersuchung hatten nach Ermittlungen der Wettbewerbsbehörde Geschäftsführer und Vertriebsleiter der Firmen seit mindestens Anfang 2000 einen Gesprächskreis unterhalten, in dem auch Preiserhöhungen bei Filterkaffee, Espresso und Kaffeepads abgesprochen worden waren.

"Die Absprachen wirkten sich unmittelbar zulasten der Endverbraucher aus, da der Lebensmitteleinzelhandel die Preiserhöhungen in der Regel unmittelbar an die Endverbraucher weitergegeben hat", hatte das Kartellamt im Dezember erklärt.

Strafgelder von 160 Millionen Euro

Insgesamt waren Strafgelder in Höhe von insgesamt knapp 160 Millionen Euro gegen die Kaffeeröster Melitta, Dallmayr und Tchibo verhängt worden. Der Kraft-Konzern hatte in diesem Fall mit den Fahndern zusammengearbeitet und war so um ein Bußgeld herumgekommen.

In Branchenkreisen hieß es nun, auch Händler kooperierten bereits mit dem Kartellamt. Die Wettbewerbshüter hätten Unternehmen der Branche und Lebensmittelhersteller im Verdacht, seit einigen Jahren zum Schaden der Verbraucher Preisuntergrenzen für Artikel abgesprochen und durchgesetzt zu haben.

Die Wettbewerbshüter können empfindliche Strafen verhängen, wenn sie ie Beteiligung an einem illegalen Kartell nachweisen. Diese können theoretisch bis zu zehn Prozent des Jahresumsatzes betragen. Der Rahmen ist aber noch nie ausgeschöpft worden.

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