Kartellamt rügt Milchbauern:Niedrige Preise? Selbst schuld!

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Billige Milch und kein Ausweg aus der Misere: Laut jammern die Landwirte über ihre Situation. Zu Unrecht, sagt nun das Kartellamt.

D. Kuhr u. S. Weber

Seit mehr als einem Jahr klagen die Milchbauern über den Verfall der Preise. Die Landwirte sehen die Hauptschuld in dem Konkurrenzkampf, bei dem die Einzelhändler versuchen, sich immer weiter gegenseitig zu unterbieten. Das Bundeskartellamt hat sich den Milchsektor in den vergangenen Monaten angesehen und dabei alle Stufen in Produktion und Handel vom Landwirt bis hin zum Supermarktregal untersucht.

Die Milchbauern sollten sich stärker in Erzeugergemeinschaften verbünden, sagt das Kartellamt. (Foto: Foto: dpa)

Die Ergebnisse hielten die Wettbewerbshüter in einem Zwischenbericht fest. Eine ihrer wesentlichen Erkenntnisse: Anhaltspunkte für ein wettbewerbswidriges Verhalten des Einzelhandels fanden sie bislang nicht. Stattdessen seien die Milchbauern an ihre Misere zum Teil selber schuld, weil sie sich nicht in ausreichendem Maße in Erzeugergemeinschaften verbünden.

Es bestehe allerdings "ein Machtgefälle zu Lasten der Erzeuger", schreiben die Wettbewerbshüter. Der Lebensmitteleinzelhandel sei gegenüber den Molkereien "strategisch erheblich im Vorteil, da die Molkereien nur sehr eingeschränkt über Alternativen für den Absatz ihrer Produkte verfügen". Allerdings gebe es deutlich Unterschiede, die von der Marktlage und dem jeweiligen Produktportfolio der Molkerei abhingen.

Hinzu komme: "Aufgrund der derzeit praktizierten längerfristigen Milchlieferverträge und der hohen Transparenz über Milchauszahlungspreise und Milchmengen konkurrieren die Molkereien nur eingeschränkt um die Rohmilch." Die hohe Markttransparenz erleichtere es dem Einzelhandel, seine Verhandlungsposition gegenüber den Molkereien durchzusetzen.

Regional-Milch bei Lidl

Kritisch sehen die Wettbewerbshüter Forderungen der Milchbauern nach bundesweiten Preis- oder Mengenabsprachen. Sie seien weder mit deutschem noch mit europäischem Kartellrecht zu vereinbaren. Marktteilnehmer und Interessierte können nun bis Anfang März zu dem Zwischenbericht Stellung nehmen.

Als erster Discounter treibt jetzt Lidl das Geschäft mit Milchprodukten regionaler Herkunft voran. In seinen bayerischen Filialen verkauft der Billiganbieter seit Montag Milch, Joghurt und Butter "aus garantiert bayerischer Milch". Lidl plant, das Sortiment schon bald um weitere Lebensmittel aus regionaler Herkunft zu ergänzen, die dann auch bundesweit erhältlich sein sollen. Dabei folgt der Discounter den Supermarktketten wie Edeka und Rewe, die seit langem mit großem Erfolg Milchprodukte aus der Region anbieten.

Von deren Angeboten will sich Lidl jedoch abheben und unter dem neuen regionalen Label nur gentechnikfreie Erzeugnisse verkaufen. Das Unternehmen kündigte an, die Qualitätskriterien für Landwirte und Herstellungsbetriebe bei der Erzeugung und Verarbeitung der Molkereiprodukte auszubauen - mit dem Ziel, "dass die zertifizierte Bayerische Bauernmilch zukünftig mit ausschließlich gentechnikfreien Futtermitteln erzeugt werden kann." Noch lassen viele Milcherzeuger gentechnisch verändertes Soja als Futtermittel für Kühe zu.

© SZ vom 12.01.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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