Es ist natürlich ein starkes Stück, den kanadischen Charmebolzen Justin Trudeau ausgerechnet mit Donald Trump zu vergleichen, jener Zweieinhalb-Zentner-Dampframme, die jahrelang auch die Beziehungen der USA zum nördlichen Nachbarn ordentlich strapaziert hatte. Und doch hat ein Kolumnist der Nachrichtenagentur Bloomberg genau das jetzt getan: Trudeau sei sicher ein anderer Typ, der Premierminister greife aber immer häufiger in die gleiche populistische Trickkiste, aus der sich auch Trump stets bedient habe.
Was den Kommentator so in Wallung versetzt, ist unter anderem Trudeaus Ankündigung, im Falle seines Siegs bei der Parlamentswahl in drei Wochen Ausländern für zwei Jahre den Kauf kanadischer Häuser und Wohnungen zu verbieten. Dabei geht es nicht um den armen Schlucker, der irgendwo in den Weiten des zweitgrößten Landes der Erde ein neues Leben beginnen will. Im Blick hat Trudeau vielmehr reiche Spekulanten aus China, Russland und den arabischen Emiraten, die auch in Kanada daran mitgewirkt haben, die Immobilienpreise in schwindelerregende Höhen zu treiben. Immer mehr Bürger finden deshalb keine bezahlbare Bleibe, zugleich stehen zig Tausende Apartments leer: Viele Investoren nämlich kaufen ihr Domizil nicht, um es zu bewohnen, sondern weil sie es als lukrative Geldanlage betrachten.
Der drastische Anstieg der Hauspreise vor allem in Großstädten wie Vancouver und Toronto hat sich in den vergangenen Wochen zum wichtigsten Thema des Wahlkampfs entwickelt. Im Landesschnitt kostete ein Haus zuletzt fast 700 000 kanadische Dollar (rund 470000 Euro) - 38 Prozent mehr als noch vor einem Jahr. Spitzenreiter ist die Westküstenmetropole Vancouver, die insbesondere bei chinesischen Investoren hoch im Kurs steht. Die Stadtverwaltung erhebt bereits eine Leerstandsteuer für sogenannte "Geisterhäuser" sowie eine Kaufsteuer in Höhe von 20 Prozent für Erwerber, die keinen Wohnsitz in Kanada haben. Beides hat aber weder den Preisboom gestoppt, noch das Angebot an kleinen und mittelgroßen Wohnungen erhöht.
In vielen Ländern suchen Politiker nach Wegen, den Hauspreisboom zu stoppen
Neben dem Regierungschef haben deshalb auch die Spitzenkandidaten der anderen Parteien Vorschläge zur Eindämmung der Spekulation vorgelegt, allen voran Trudeaus größter Rivale Erin O'Toole. Der Chef der Konservativen Partei warf dem Amtsinhaber vor, er habe "sechs Jahre Zeit gehabt, etwas zu tun, und hat es nicht hinbekommen". Trudeau, dessen Umfragevorsprung vor O'Toole zuletzt geschrumpft ist, sagte, man dürfe nicht länger zusehen, "dass ausländisches Vermögen in Wohnungen geparkt wird, in denen Menschen leben sollten". Es sei "nicht okay, dass du in der Umgebung, in der du aufgewachsen bist, Dir kein eigenes Leben aufbauen, keine Familie gründen und nicht mehr alt werden kannst", so der Regierungschef.
Sollte Trudeau die Pläne tatsächlich umsetzen, könnte dies weit über Kanada hinaus Schule machen. In aller Welt suchen Regierende und ihre Herausforderinnen und Herausforderer nach Wegen, den Hauspreisboom zu verlangsamen oder sogar zu stoppen - bisher ohne durchschlagenden Erfolg. Das liegt auch daran, dass Wohnungen unter Kapitalanlegern angesichts niedriger Zinsen und hoher Aktienkurse als ebenso lukrative wie wertbeständige Anlage gelten. Die Pandemie hat die Nachfrage noch verstärkt - etwa in den USA, wo neben Ausländern auch viele gut verdienende Einheimische nach einem größeren Apartment oder einer Zweitwohnung suchen, in der Platz für das Home-Office ist.
In seiner Bloomberg-Kolumne gesteht der Autor Trudeau übrigens sehr wohl zu, Ideen zu haben, die im Kampf gegen den Hauspreisboom weit wirksamer wären als die jetzt diskutierten - allen voran die massive Förderung des Neubaus. Derlei Rezepte seien für eine Wahlkampagne aber ganz offenkundig nicht reißerisch genug. "Ausländer für Probleme daheim verantwortlich zu machen, ist politisch verlockender", so das Fazit des Kommentators. Trump eben.