Schokolade:Eine Opec für Kakao

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Arbeiterinnen entfernen die Schale von gerösteten Kakaobohnen in einem Betrieb in Ghana. (Foto: Cristina Aldehuela/AFP)
  • In Ghana und der Elfenbeinküste werden etwa 60 Prozent der weltweiten Kakao-Ernte angebaut - doch die Länder haben nicht viel davon.
  • Die Veredelung findet weitgehend im Ausland statt, fast wie zu Kolonialzeiten.
  • Nun wollen sich die Länder zusammentun und so auch den Preis bestimmen - quasi als eine Art Opec für Kakao.

Von Bernd Dörries, Kapstadt

Das Geschäft mit Kakao und Schokolade blüht - und es basiert auf der Ausbeutung der Kleinbauern. Bisher werden die Preise vom Weltmarkt bestimmt, nicht von den Produzenten. Das soll sich ändern, die Elfenbeinküste und Ghana wollen ihre Ernten gemeinsam vermarkten - und den Preis bestimmen: Der soll für die kommende Saison 2600 Dollar pro Tonne betragen, was zehn Prozent über dem derzeitigen Marktniveau liegt, aber weit über den Einbrüchen von 2017.

Die ersten Samen der Kakaopflanze kamen bereits im Jahr 1876 nach Ghana. Tetteh Quarshie schmuggelte sie ins Land und begann die Pflanzen anzubauen, als wohl erster auf dem afrikanischen Festland. Quarshie arbeitete als Hufschmied für die Basler Mission und hatte auf einer Reise auf die Insel Bioko die ersten Kakaopflanzen gesehen, in Ghana gilt er heute als Nationalheld, ein Museum ist ihm gewidmet, Krankenhäuser und Kreisverkehre, in Liedern wird seine Pioniertat besungen. Was nicht so oft erwähnt wird: Die erste Ernte soll Quarshie gar nicht mehr erlebt haben, der Tod ereilte in früh.

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Ghana ist heute der zweitgrößte Kakaoproduzent der Welt, zusammen mit dem Nachbarn Elfenbeinküste werden etwa 60 Prozent der weltweiten Ernte angebaut. Der Markt mit Kakaoprodukten wird auf etwa 100 Milliarden Dollar beziffert. Den Bauern in Ghana und der Elfenbeinküste geht es aber ähnlich wie dem Pionier Quarshie - sie haben nicht viel davon. Nur etwa sechs Prozent des Erlöses einer Tafel Schokolade kommt beim Kakao-Bauern an, es gibt nur wenige Familien, in denen das Durchschnittseinkommen über zwei Euro pro Tag und Person liegt. Und das, obwohl sich seit Jahren zahlreiche Organisationen und Unternehmen um einen faireren Handel bemühen. Zwar hat es Fortschritte gegeben, aber das Hauptproblem, wonach der Weltmarkt die Preise bestimmt, konnten auch die Initiativen nicht beheben.

"Wir begrüßen den Schritt der Regierungen, die Einkommen der Kakaobauern abzusichern und die Gewinne gerechter zu verteilen", sagt Jon Walker, Senior-Berater für Kakao bei Fairtrade International. "Das Preisniveau müsste aber noch höher gehen, um den Bauern ein existenzsicherndes Einkommen zu garantieren", sagt Claudia Brück von Fairtrade Deutschland. Dies sei aber nur langfristig durchzusetzen, Fairtrade zahlt seinen Bauern einen Aufschlag von 240 Dollar auf die Tonne. Inflationsbereinigt sind die Kakao-Preise seit 1980 um 40 Prozent gesunken, was einerseits an einer höheren Produktion liegt, aber auch an der Marktmacht weniger Konzerne. Es ist das Problem mit dem Rohstoffreichtum afrikanischer Länder, die Veredelung findet weitgehend im Ausland statt. Fast wie zu Kolonialzeiten.

Ghana und die Elfenbeinküste wollen nun einen Teil der Kontrolle über ihren Rohstoffreichtum zurückgewinnen, vielleicht so etwas Ähnliches schaffen wie die Opec für die ölproduzierenden Länder, eine Organisation mit großer Marktmacht. Nur lässt sich die Kakao-Produktion nicht so leicht steuern, man kann nicht einfach den Hahn zudrehen. Für eine künstliche Verknappung fehlen den Anbauländern die Lagerstätten, obwohl Ghana und die Elfenbeinküste immer wieder angekündigt haben, solche bauen zu wollen. Eine junge Generation von Unternehmern ist da schon weiter. In Ghana und der Elfenbein kreieren junge Chocolatiers ihre eigene Schokolade - und können bei der wachsenden Mittelschicht dafür Spitzenpreise verlangen.

© SZ vom 02.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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