Die Autofahrt von Ingolstadt ins rund 80 Kilometer entfernte Augsburg dauert gerade mal eine Stunde. Doch es ist eine völlig andere Welt, in der sich Rupert Stadler nun befindet. Kein großzügiges Vorstandsbüro, wie bisher bei Audi in Ingolstadt, und keine Villa. Er hat stattdessen ein Zimmer in der erst im Oktober 2015 eröffneten Justizvollzugsanstalt (JVA) Augsburg-Gablingen, einem der modernsten Gefängnisse in Deutschland, einer Anstalt mit Kraftsportgruppe und Kirchenchor, Musikgruppen und anderen Angeboten. Dazu zählt, zwecks Berufsausbildung, auch eine eigene Kfz-Werkstatt. So wird das auf den Internetseiten des Bayerischen Justizministeriums geschildert.
Dass Stadler dort wegen der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft München II gegen ihn einsitzt, hat seinen Grund. Das Augsburger Gefängnis ist für Untersuchungshäftlinge aus den umliegenden Amtsgerichtsbezirken gedacht, einschließlich Ingolstadt. Zudem befindet sich in der für die Staatsanwälte nächstgelegenen JVA München-Stadelheim bereits ein anderer Untersuchungshäftling, der dort wegen der Abgasaffäre bei Audi und der Konzernmutter Volkswagen eingesperrt ist: Wolfgang Hatz, ehedem Leiter der Aggregate-Entwicklung bei Audi und später Entwicklungsvorstand bei Porsche, einer anderen VW-Tochter.
Stadler könnte bereits am Mittwoch aussagen
Grundsätzlich sollen Untersuchungshäftlinge in ein und demselben Fall in verschiedenen Gefängnissen untergebracht werden, um eventuelle Kontakte und Absprachen zu verhindern. Hatz kam bereits Ende September 2017 hinter Gitter und hat dann monatelang geschwiegen. Seit dem Frühjahr sagt er über seine Zeit bei Audi und im Volkswagen-Konzern aus. Um Stadler soll es dabei bisher nicht gegangen sein, sondern um andere Personen und Vorgänge. Die Staatsanwaltschaft München II wirft Hatz ebenfalls Betrug und Vertuschung vor. Der frühere Audi-Manager bestreitet seit jeher die Vorwürfe, und nun offenbar auch bei seinen Vernehmungen. Auch Stadler hat stets behauptet, er sei nicht in die Abgasaffäre verwickelt. Ob der langjährige Audi-Chef bei dieser Darstellung bleibt, wird sich möglicherweise rasch zeigen. Stadler hat sich nach Angaben der Staatsanwaltschaft im Zuge seiner Verhaftung bereit erklärt, sich vernehmen zu lassen.
Die Aussage ist für diesen Mittwoch geplant. In der Causa Audi werden Untersuchungshäftlinge in der Regel aus dem Gefängnis ins Landeskriminalamt in München gebracht, in die Abteilung SG 625, die für Wirtschaftsdelikte zuständig ist. Es könnte also sein, dass Stadler die JVA Augsburg-Gablingen an diesem Mittwoch wieder verlassen kann. Wie lange, müsste sich aber erst noch zeigen. Das hinge davon ab, was der Manager erzählt und wie die Staatsanwaltschaft München II das anschließend bewertet.