Jobcenter:Schwere Vorwürfe gegen Arbeitsministerin Nahles

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  • Die Grünen werfen Arbeitsministerin Nahles (SPD) vor, Mittel zur Förderung von Hartz-IV-Empfängern für die Jobcenter-Verwaltung umgewidmet zu haben.
  • Das Ministerium bestätigt die Vorgänge.

Von Thomas Öchsner, Berlin

Die grüne Bundestagsabgeordnete Brigitte Pothmer ist eine besonders emsige Volksvertreterin. Seit Jahren deckt die arbeitsmarktpolitische Sprecherin ihrer Partei das Arbeitsministerium mit Anfragen ein, um der jeweiligen Regierung das ein oder andere Versäumnis nachzuweisen. So schwere Vorwürfe wie nun gegen Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) hat Pothmer aber noch nie erhoben.

Sie hält Nahles vor, für die Förderung und Qualifizierung von Hartz-IV-Empfängern und Langzeitarbeitslosen gedachte Fördermittel in Höhe von 330 Millionen Euro nachträglich, also erst nach den Haushaltsberatungen, in den Etat für Verwaltungskosten bei den Jobcentern gesteckt zu haben. "Das ist nicht nur eine De-facto-Kürzung der Mittel für die aktive Arbeitsmarktpolitik. Nahles hat mit dieser klammheimlichen Verschiebung auch die Öffentlichkeit getäuscht und die Haushaltshoheit des Parlaments untergraben", sagte Pothmer der Süddeutschen Zeitung.

Ende November 2015 stimmte der Bundestag über den Haushaltsplan 2016 ab. Beschlossen wurden dabei auch 4,146 Milliarden Euro für die Eingliederung von Hartz-IV-Empfängern in den Arbeitsmarkt. Wegen des Flüchtlingszuzugs waren dies 243 Millionen Euro mehr als 2015. Hinzu kommen 350 Millionen Euro an Ausgaberesten aus den Vorjahren. Auch dieses Geld sollte nach dem Willen des Parlaments für die Arbeitsförderung zur Verfügung stehen.

Etwa drei Wochen nach dem Beschluss ordnete die Arbeitsministerin jedoch "im Einvernehmen" mit dem Bundesfinanzministerium an, dass 330 Millionen Euro dieser Ausgabenreste aus dem Etat für die "Eingliederung in Arbeit" in den Verwaltungskostenetat der Jobcenter fließen sollen. Nun sind die Jobcenter schon länger in Geldnöten, weil ihr Budget für die Verwaltung seit Jahren quasi eingefroren ist. Da aber die Kosten für Personal, IT oder Energie gestiegen sind, geben sie jedes Jahr mehr Geld, das eigentlich fürs Fördern von Hartz-IV-Empfängern gedacht ist, für Verwaltung aus.

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Mittel von diesem einen in den anderen Geldtopf zu transferieren, ist erlaubt, wobei mehr Geld für Verwaltung auch heißen kann, dass Jobcenter mehr Personal einstellen, um sich intensiver um Hartz-IV-Empfänger kümmern zu können. 2015 beliefen sich diese Umschichtungen laut Arbeitsministerium auf 767 Millionen Euro - so viel wie nie zuvor. Zum Vergleich: 2010 waren es nur 13 Millionen Euro.

Pothmer wirft Nahles nun vor, "dem Parlament wissentlich unrealistische Zahlen aufgetischt zu haben". Es sei doch bekannt, dass die Jobcenter für die Verwaltung zu wenig Geld hätten. Deshalb hätte die Ministerin gleich bei den Haushaltsberatungen "reinen Tisch machen müssen". Im Arbeitsministerium heißt es dazu: Die Jobcenter hätten zuletzt ohnehin fast ausschließlich Mittel von der Arbeitsförderung in die Verwaltung umgeschichtet. Daher habe man entschieden, "die Mittel aus Ausgaberesten bereits zu Jahresbeginn als Verwaltungskostenmittel zu verteilen". Pothmer glaubt zu wissen, warum: "Dann sehen am Ende des Jahres die Zahlen schöner aus."

© SZ vom 30.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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