US-Chiphersteller Intel:"Größte Investition, die jemals ein internationales Unternehmen in Israel getätigt hat"

Lesezeit: 3 min

Premierminister Benjamin Netanjahu bei einem Besuch der Intel-Fabrik in Kirjat Gat im Jahr 2016. Der Chiphersteller ist bereits seit den 1970er-Jahren in Israel aktiv. (Foto: Kobi Gideon/Israeli Government P/picture alliance / dpa)

Intel plant nicht nur eine neue Chip-Fabrik in Magdeburg, sondern auch eine in Israel. Premierminister Netanjahu preist die Investition als großartigen Erfolg seiner Wirtschaftspolitik - und einen solchen hat er dringend nötig.

Von Peter Münch, Tel Aviv

Bei solch einer frohen Botschaft hat es sich der Regierungschef nicht nehmen lassen, sie persönlich und obendrein noch live im Fernsehen zu verkünden: Der US-Chiphersteller Intel werde in Israel für 25 Milliarden Dollar eine neue Fabrik bauen, verkündete Premierminister Benjamin Netanjahu zu Beginn der wöchentlichen Kabinettssitzung. "Das ist die größte Investition, die jemals ein internationales Unternehmen in Israel getätigt hat". Er pries dies als Erfolg seiner Wirtschaftspolitik - und einen solchen Erfolg hat er tatsächlich dringend nötig. Denn zuletzt hatten die israelische Wirtschaft und vor allem der High-Tech-Sektor wegen der Turbulenzen um die von der rechten Regierung geplanten Umwälzungen im Justizsystem vor allem negative Schlagzeilen produziert.

Nun aber konnte Netanjahu auftrumpfen mit positiven Nachrichten: Die neue Fabrik soll 2027 in Kirjat Gat südlich von Tel Aviv eröffnet werden, wo Intel bereits einen Produktionsstandort unterhält. Tausende von Arbeitsplätzen sollen damit geschaffen und mindestens bis 2035 gesichert werden, ergänzte das israelische Finanzministerium. Vom Staat soll demnach ein Zuschuss in Höhe von 12,8 Prozent der Investitionen kommen. Zudem sei ein Steuersatz von 7,5 Prozent für Intel vereinbart worden, der über dem aktuellen Satz von fünf Prozent liege.

Die Pläne von Intel in Israel laufen parallel zu einer Investitionsoffensive des Unternehmens in Europa. Erst am Freitag war bekanntgegeben worden, dass im polnischen Breslau für 4,6 Milliarden Dollar ein Prozessoren-Werk errichtet werden soll. Und in Magdeburg investiert Intel einschließlich staatlicher Hilfen mehr als 30 Milliarden Euro; die Bundesregierung will die Ansiedlung des US-Chipherstellers mit knapp zehn Milliarden Euro unterstützen.

Intel ist der größte private Arbeitgeber in Israel

Die nun von Netanjahu genannte Investitionssumme von 25 Milliarden Dollar in Israel reicht tatsächlich an die Pläne in Europa heran. Intel selbst nannte allerdings in einer Erklärung zum Vorhaben in Israel keinerlei konkrete Zahlen. Dort hieß es lediglich, dass der Standort Israel eine "entscheidende Rolle" für den Erfolg des Unternehmens spiele und dass man "die anhaltende Unterstützung der israelischen Regierung" zu schätzen wisse. In israelischen Medien wurde vorgerechnet, dass sich möglicherweise zehn der genannten 25 Milliarden Dollar auf eine bereits 2018 angekündigte Investition beziehen.

Intel ist bereits seit Mitte der Siebzigerjahre in Israel aktiv und steht seither stets in vorderster Linie beim viel gepriesenen Erfolg der sogenannten Startup-Nation. Von dem 2016 verstorbenen früheren Präsidenten Schimon Peres stammt der Satz, dass Intel aus Israel ein Land von "Milch, Honig und Chips" gemacht habe.

Von weltweit rund 130 000 Intel-Mitarbeitern arbeiten knapp 12 000 in den israelischen Standorten. Dazu gehören neben der Fabrik in Kirjat Gat auch Entwicklungszentren in Jerusalem, Haifa und Petach Tikwa. Intel ist damit der größte private Arbeitgeber im Land und verweist zudem noch darauf, für mehr als 42 000 Jobs in der Zulieferindustrie verantwortlich zu sein. Erst in der vorigen Woche hatte Intel Israel ein Rekordjahr bei den Exporten verkündet. Sie erreichten 2022/23 einen Wert von 8,7 Milliarden Dollar, was 5,5 Prozent aller israelischen High-Tech-Exporte entspricht und einem Anteil von 1,75 Prozent am israelischen Bruttoinlandsprodukt.

Das Unternehmen hat auch immer wieder große Summen in die Übernahme israelischer Startups investiert. Zuletzt hatte Intel 2022 den israelischen Halbleiter-Spezialisten Tower Semiconductor für 5,4 Milliarden Dollar übernommen. 2017 hatte man 15,3 Milliarden Dollar für das Unternehmen Mobileye aus dem Bereich des autonomen Fahrens gezahlt.

"In starkem Kontrast zu all den falschen Berichten über uns"

Premier Netanjahu versuchte nun, aus der Investitionsankündigung für die neue Fabrik auch politisches Kapital zu schlagen. Intels Pläne seien "ein großartiger Ausdruck von Vertrauen in die israelische Wirtschaft", erklärte er - und dies stünde "in starkem Kontrast zu all den falschen Berichten über uns". Damit spielt er auf offene Briefe und Erklärungen von Wirtschaftsführern aus den vergangenen Monaten an, die wegen der Politik seiner rechten Regierung vor einem Niedergang der Wirtschaft samt Kapitalflucht und einem brain drain gewarnt hatten.

Zu diesen Warnern hatte Anfang März auch Tzachi Weisfeld gezählt, der Vizepräsident von Intel Israel. Im Wirtschaftsblatt Calcalist hatte er "als Privatmann" die Regierung mit Blick auf die Justizreform aufgefordert, "den Wahnsinn zu stoppen". Ende März hatte Netanjahu die Pläne dann zumindest vorläufig auf Eis gelegt.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusArbeitswelt
:Vertrau mir, ich bin schön

Attraktive Menschen haben es im Alltag und in der Arbeitswelt leichter - selbst wer es nicht will, bevorzugt sie. Doch manchmal kann einem Schönheit im Job auch zum Verhängnis werden.

Von Miriam Dahlinger, Marie Vandenhirtz

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: